Keine Bühne für Antisemitismus – Kundgebung am 8. Mai gegen Roger-Waters-Konzert in Köln

Keine Bühne für Antisemitismus – am 8. Mai 2023 um 17 Uhr auf dem Roncalli-Platz veranstaltet die Kölnische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gemeinsam mit der Synagogen-Gemeinde Köln, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Köln, dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, dem Katholischen Stadtdekanat Köln, dem Verein EL-DE-Haus Köln und dem Städtepartnerschaftsverein Köln-Tel Aviv-Yafo eine Kundgebung gegen den am 9. Mai geplanten Auftritt des britischen Musikers und Pink-Floyd-Mitgründers Roger Waters in der Lanxess Arena.

Die Veranstalter werden dabei unterstützt von allen demokratischen Parteien des Kölner Stadtrates, dem Bündnis „Köln stellt sich quer!“ und dem Katholikenausschuss in der Stadt Köln. Roger Waters ist bei seinen Konzerten sowie im Rahmen von Interviews wiederholt durch antisemitische Inszenierungen und Aussagen aufgefallen. Beispielsweise lässt er regelmäßig bei seinen Konzerten einen Ballon in Gestalt eines Schweines durch seine Konzertbesucher zerstören, wobei das Schwein neben verschiedenen kapitalistischen Symbolen einen Davidstern trägt. Bei der sogenannten „Judensau“ handelt es sich um ein jahrhundertealtes antisemitisches Bild.

Aufgrund seiner antisemitischen Äußerungen wird nun vielerorts gefordert, seine geplanten Konzerte abzusagen. Auch in Köln formiert sich Protest gegen das Konzert, das am 9. Mai 2023 in der Lanxess Arena stattfinden soll. Wir schließen uns dem Protest mit einer Kundgebung am Vortag an.

Über die verschiedenen Aktionen vor dem Konzert, aber auch über die Kundgebung informieren bei einem Pressegespräch am Donnerstag, 4. Mai, um 12 Uhr im DOMFORUM:

  • Stadtdechant Msgr. Robert Kleine, Katholisches Stadtdekanat Köln
  • Stadtsuperintendent Bernhard Seiger, Evangelischer Kirchenverband Köln und Region
  • Bettina Levy, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln
  • Professor Dr. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit
  • Claudia Wörmann-Adam, Vorstand EL-DE Haus e. V.
  • Dr. Johannes Platz, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft AG Köln

Text: APK/Hildegard Mathies
Foto(s): Esther Stosch / fundus-medien.de

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Ein Tropfen im Meer Gottes: Zeitzeug:innengespräch zum 20. Todestag von Dorothee Sölle

Zu ihren Lebzeiten wurden die theologischen Gedanken Dorothee Sölles durchaus kontrovers diskutiert. Sölle dachte unter anderem über eine Theologie nach Auschwitz nach. Sie fragte sich 1965 auf dem Kirchentag in Köln öffentlich, mit Blick auf den Holocaust, wie man nach Auschwitz Gott noch loben könne, forderte, Politik und Christsein zu verbinden, sich einzumischen und Verantwortung zu übernehmen. Sie sah im Kreuz ein Sinnbild für Todesverherrlichung. Dorothee Sölle war Friedens- und Umweltaktivistin, Feministin, verfasste als Theopoetin Lyrik. Sie war eine der Initiatorinnen und Mitgestalterin der Politischen Nachtgebete in der Antoniterkirche und als Gast auf theologischen Tagungen nicht unbedingt immer erwünscht.

Am 27. April 2003 verstarb sie 73-jährig, nun jährte sich ihr Todestag zum 20. Mal. Anlass für Organisatorinnen und Organisatoren aus dem Schulreferat des Kirchenverbandes Köln und Region, aus der Melanchthon-Akademie sowie der Christuskirche zu einem Dorothee-Sölle-Tag einzuladen, um die vielen Facetten der gebürtigen Kölnerin zu beleuchten und nach ihrer Relevanz für die heutige Welt zu fragen.

Der Tag begann in der Antoniterkirche, dem Ort der Politischen Nachtgebete, die ab 1968, organisiert durch einen ökumenischen Arbeitskreis, dort stattfanden. Martin Sölle, Dorothee Sölles Sohn, und Bischöfin a.D. Bärbel Wartenberg-Potter, Freundin und Wegbegleiterin der Theologin, erinnerten sich in der gut besetzten Kirche an die Theologin. Unter den Zuhörenden waren auch Manfred Kock, ehemaliger EKD-Ratsvorsitzender, Martin Sölles Schwester Michaela Sölle sowie Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie.

Moderiert wurde das „Zeitzeug:innengespräch“ von Dorothee Schaper, Pfarrerin und Frauenbeauftragte im Kirchenverband. Sie skizzierte zunächst den Lebenslauf Sölles und fragte dann Martin Sölle nach den Politischen Nachtgebeten. Der Kölner Buchhändler berichtete, das Nachtgebet sei „zeitlich an den Rand des Tagesablaufs gedrängt und darum zum Nachtgebet umgedeutet worden“. Als Mitglied von Amnesty International habe er als Teenager bei dem Nachtgebet, das politische Gefangene in den Mittelpunkt stellte, auch einen Text vorgetragen. Überhaupt habe das Politische Nachtgebet zwar alle Generationen zusammengeführt, es sei aber deutlich von einer jüngeren Generation geprägt worden, berichtete er. Pfarrerin Dorothee Schaper erinnerte daran, dass diese Form des Gottesdienstes bis heute in den Kirchen nachwirkt, richtete den Blick unter anderem auf Maria 2.0 und das Nachtgebet in Sankt Peter.

Lehrende und Lernende zugleich

Von Sölles Zeit in New York, wo sie von Mitte der 1970er Jahre zehn Jahre lang am Union Theological Seminary, einer unabhängigen theologischen Hochschule, als Gastprofessorin Systematische Theologie lehrte, erzählte Pfarrerin Bärbel Wartenberg-Potter. „In Deutschland war sie nicht wirklich erwünscht, ihre Professur in den USA stand dazu in krassem Widerspruch.“ Als die Bischöfin a.D. deutlich später selbst für ein Semester am Union studierte, sei sie immer noch auf Sölle angesprochen worden. „Sie war auch dort ein Wirbelwind, war aufregend, ging zu Friedensdemonstrationen und stieß Friedensgruppen an.“ Dorothee Sölle sei immer Lehrende und Lernende zugleich gewesen, auch unerschrockene Mahnerin. Zur Vollversammlung des Ökumenischen Rates 1983 in Vancouver sei sie letztlich eingeladen worden, vorher gab es heftige Diskussionen dazu. In ihrer Rede verwies sie erneut auf den Holocaust, erklärte, Reichtum und erfüllte Spiritualität gleichzeitig wäre unmöglich.

Wichtiger Inhalt von Sölles Leben war zudem die Poesie. Ihre Gedichte sind feine Beobachtungen, feiern den Glauben, suchen Gott, stellen sich aber auch der harten, oft ungerechten, verstörenden Realität. Martin Sölle schmunzelte ein wenig, als er zugab, dass er als junger Mann noch nicht so viel mit dieser Lyrik anfangen konnte. „Ich habe aber nach dem Tod meiner Mutter einen anderen Blick auf die Gedichte entwickelt. Sie hatte einen wunderbaren Umgang mit Sprache.“

Der Tod – ein Thema, zu dem auch Bärbel Wartenberg-Potter eine Erinnerung beitrug. „Dorothee hat die Endlichkeit des Menschen angenommen. Das war für mich zunächst schwierig anzunehmen. Sie sagte, wenn du stirbst, wirst du ein Tropfen im Meer Gottes. Und Dorothee ist sicherlich ein goldener Tropfen geworden.“

Dr. Martin Bock fasste nach dem Gespräch seine Eindrücke so zusammen: „Prophetische Theologie, wie sie Dorothee Sölle trieb, hat heute wieder einen ähnlich schweren Stand wie damals. Sie gilt als moralisierend und gottes-vergesslich. Aber dieses Urteil ist mir viel zu kathedermäßig. Ich wäre sehr daran interessiert, wie sich Dorothee Sölle zum Beispiel zur ,Letzten Generation‘ und ihren Anliegen verhalten würde. Hier geht’s ja um viel mehr als um Moral. Hier werden prophetische Zeichenhandlungen wiedererweckt. Das ,Stören‘ hat gewissermaßen einen Grund, der die Welt als Ganze berührt. Hier würde es richtig spannend. Nun liegt es an uns, diesen Dialog zu führen!“

Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl

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