30. Kirchbautag 2022: Mut-Räume finden, in denen der Glaube laufen lernen kann
„Mut baut Zukunft“ – unter diesem Motto ist die Evangelische Kirche im Rheinland von gestern bis Sonntag, 11. September, Gastgeberin für den 30. Evangelischen Kirchbautag. Der Fachkongress hat eine bundesweit zentrale Bedeutung als Kommunikationsplattform für kreativen Um- und Neubau kirchlicher Gebäude. „Kirchen sind Orte institutionalisierter Innerlichkeit. Einkehrorte. Und sie sind eine öffentliche geistliche Infrastruktur, gerade in Krisen-Zeiten. Gerade, wenn wir wieder einmal nicht wissen, wie aus noch ein, sind Kirchen, Gotteshäuser unersetzlich“, sagte Präses Dr. Thorsten Latzel in seiner Predigt beim gestrigen Eröffnungsgottesdienst in der Trinitatiskirche. „Gott braucht kein Haus. Weder um darin zu wohnen, noch um zu uns zu reden. Aber wir brauchen Gotteshäuser, Kirchen. Um uns daran zu erinnern, dass Gott da ist und hört und uns hilft. Um allein oder gemeinsam bei Gott einzukehren und umzukehren.“
Er fragte die zahlreichen Teilnehmenden: „Mut baut Zukunft. Was heißt das für den Kirchenbau in unseren Tagen?“ Wir könnten uns die Zeit nicht aussuchen, in der wir in der 2000-jährigen Baugeschichte unserer Kirche leben. „So wenig wie die Mütter und Väter unseres Glaubens. Wir stehen vor der Herausforderung, den Schatz an Kirchen mit weniger Mitteln zu erhalten, anderen Nutzungen anzupassen, ökologisch zu ertüchtigen. Doch wir tun dies, damit Menschen auch in 50, 100, 500 Jahren ,Mut-Räume‘ finden, in denen ihr Glaube laufen lernen kann.“
Mit viel Mut, Ausdauer und Kreativität gehen die Gemeinden ihre Baumaßnahmen an und stellen sich somit ihren anstehenden Aufgaben – trotz schwieriger werdender Rahmenbedingungen. Zahlreiche Gemeinden konsolidieren ihren Gebäudebestand, setzen sich kleiner und bringen die Konzepte ihrer inhaltlichen Arbeit mit der dazu passenden Gebäudehülle in Einklang. Gerade durch die notwendigen Strukturveränderungen entsteht viel Neues. Es zeigt sich, dass Bauen auch Gemeindeaufbau sein und zur Quartiersentwicklung beitragen kann, in dem Begegnungsräume erhalten und neu geschaffen werden.
Stadtsuperintendent Bernhard Seiger hatte zuvor die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Namen des Evangelischen Kirchenverbandes in Köln begrüßt. Pfarrerin Miriam Haseleu schloss mit einem Grußwort im Namen der Kirchenleitung an. Der Kirchbautag soll Drehscheibe des Gesprächs zwischen Theologen und Theologinnen und Architekten und Architektinnen sein – Zusammenhänge zwischen inhaltlichen Gemeindekonzepten und baulicher Ausprägung sollen dargestellt und besprochen werden. Für die pfarramtliche Praxis ist es in hohem Maße relevant, wie Kirche auf Veränderungsdruck reagiert und den Wandel selbst mit initiiert und gestaltet. Der Kirchbautag zeigt, wie notwendiger Rückbau eine Chance für die neue Gestaltung des Verbleibenden bietet und die dazu gehörenden Zukunftsvisionen der Klage des Bedeutungsverlustes bis in die räumliche Präsenz hinein Wesentliches entgegensetzen und bezieht dabei auch die katholische Schwesterkirche mit ein.
Bereits im Gottesdienst wurden drei Kölner Bauprojekte als MUTtaten kurz vorgestellt. Pfarrer Christoph Rollbühler berichtete vom Bau an der Christuskirche, die so zu einem neuen evangelischen Zentrum in der Kölner Innenstadt geworden ist. Zur Gemeinde Köln gehört auch das Antoniterquartier, das von Citypfarrer Markus Herzberg vorgestellt wurde. Hier ist ein neues Zentrum in der Fußgängerzone entstanden, das mit Gastronomie und Gemeinderäumen zum Verweilen einlädt. Eine neue Kirche wurde in Köln-Weidenpesch gebaut. Pfarrerin Susanne Zimmermann erklärte das neue Konzept eines Kirchengebäudes, das neben dem Gottesdienstraum auch eine Kindertagesstätte und Wohnungen beherbergt.
Stadterkundungen, Exkursionen und 24 Workshops
Der Auftakt des Evangelischen Kirchbautags bot nach der Begrüßung in der Antoniterkirche an der Schildergasse rund zwei Dutzend thematisch unterschiedliche Stadterkundungen zur Auswahl an. Nach dem Eröffnungsgottesdienst in der Trinitatiskirche gab es anschließend einen Abend der Begegnung im Kölner Haus der Kirche. Am Freitag waren vormittags zwei einführende Vorträge vorgesehen, am Nachmittag dann knapp 20 Exkursionen zu ausgewählten Bauprojekten in Köln und Umgebung. Der Samstagvormittag steht im Zeichen von 24 Workshops, ehe die Veranstaltung am Nachmittag mit einer Diskussion unter Moderation des EKD-Kulturbeauftragten Johann Hinrich Claussen und der Preisverleihung der Stiftung KiBa inhaltlich beendet wird. Der Abschlussgottesdienst am Sonntag um 10 Uhr in der Kartäuserkirche ist öffentlich.
Markus Zimmermann, stellvertretender Stadtsuperintendent in Köln, zur Bedeutung des Kirchbautags:
Was bedeutet der Kirchbautag für die Menschen und Gemeinden in Köln und Region?
Markus Zimmermann: Evangelische Kirche wird sichtbar und erlebbar als eine veränderungsbereite und veränderungsfähige Institution. Mut baut Zukunft! Es gibt beeindruckende Beispiele dafür, wie Kirchengemeinden sich nicht nur konzeptionell, sondern auch räumlich neu aufstellen: Moderne Kirchräume werden einladende Anziehungspunkte in den Stadtvierteln und Quartieren. Auch die engere Verknüpfung von Gemeindeleben und Wohnmöglichkeiten spielt zunehmend eine wichtige Rolle. Die Gemeinde ist mitten im Lebensraum präsent. Beispiele sind die Christuskirche, die neue Erlöserkirche in Weidenpesch oder auch die Epiphaniaskirche in Bickendorf.
Was sind aus Ihrer Sicht die Höhepunkte des Kirchbautags?
Markus Zimmermann: Inzwischen ist es selten geworden, dass Kirchengemeinden ganz neu bauen. Dafür gibt es beeindruckende Beispiele in Köln und der Region, die gezeigt werden. Aber auch die Um- und Neugestaltung von Kirchräumen macht deutlich, dass die Kirche mit der Zeit geht und nicht stehen bleibt.
Welche Impulse versprechen Sie sich vom Kirchbautag für die Kirche in Köln und Region?
Markus Zimmermann: Ich erhoffe mir, dass noch mehr Kirchengemeinden in Köln und der Region, aber auch über Köln hinaus Ideen bekommen, wie sie ihre Immobilien ertüchtigen und modernisieren können. Dazu gehört es allerdings auch, vorher zu analysieren und mutig zu entscheiden, welche Gebäude überhaupt noch langfristig benötigt werden. Weniger ist auch hier mehr. Der Kirchbautag zeigt an konkreten Beispielen und Erfahrungen auf, wie Gemeinden sich auf weniger Gebäude konzentrieren und nicht mehr benötigte Grundstücke so verwenden können, dass sie langfristige Einnahmen für die Gemeindearbeit als ihren Kernauftrag erzielen.
Kirchbautag zuletzt 2019 in Erfurt zu Gast
Der Evangelische Kirchbautag wurde 1949 gegründet und findet bei wechselnden Gastgeberkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) statt, zuletzt 2014 in München und 2019 in Erfurt. Leitendes Gremium ist das Präsidium, das durch den Rat der EKD berufen wird, derzeitiger Präsident ist Prof. Andreas Barner. Der Kirchbautag ist ein freier Zusammenschluss von Expertinnen und Experten aus Architektur, Theologie, bildender Kunst und Kirchen, die sich für den evangelischen Kirchenbau engagieren und für die Entwicklung des kirchlichen Bauens mitverantwortlich sind
Text: APK/ekir.de/kirchbautag.de
Foto(s): Sammy Wintersohl
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