Kirchenasyl: Ein starkes Team für Menschen auf der Flucht

Menschen auf der Flucht aus der Ukraine sind derzeit in aller Munde. Die evangelische Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden gewährt seit langem Menschen auf der Flucht aus den verschiedensten Ländern Kirchenasyl. „Zwei junge Menschen aus dem Irak sind derzeit bei uns. Nach Prüfung der Fälle sagt das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche NRW, dass sie in Deutschland den Antrag genehmigt bekommen werden. Bis April sind sie bei uns und leben in zwei kleinen Zimmern mit einem Klo, im Gemeindezentrum ist eine Dusche und eine kleine Möglichkeit zum Kochen. Wir kommen für Verpflegung auf, denn während des Kirchenasyls gibt es keinerlei staatliche Unterstützung. Dafür sammeln wir Geld, wo auch einiges zusammen gekommen ist, was uns sehr gefreut hat“, sagt Pfarrer Volker Hofmann-Hanke.

Kirchenasyl ist die zeitlich befristete Aufnahme von Schutzsuchenden in Räumen, in denen die Kirchengemeinde Hausrecht ausübt. Schutz wird Menschen gewährt, deren Abschiebung oder Überstellung in ein anderes Land voraussichtlich eine Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der betroffenen Personen oder eine Verletzung ihrer Menschenwürde und Menschenrechte darstellen würde. Während des Kirchenasyls werden alle in Betracht zu ziehenden rechtlichen, sozialen und humanitären Gesichtspunkte geprüft. Pfarrer Volker Hofmann-Hanke betont: „Wir machen kein Kirchenasyl ohne Zielperspektive. Wir gehen da vernünftig dran, wir lassen das von Fachleuten begleiten, die es juristisch gut begleiten können. Es gibt nicht so viele Gemeinden, die das überhaupt machen. Es gibt keine staatlichen Zuschüsse. Wir sind für Kosten und Logis da.“ Er arbeitet intensiv mit dem ökumenischen Netzwerk zusammen: „Wir kennen uns mittlerweile sehr gut.“

Er sagt, dass bisher ausnahmslos alle Menschen „mit Erfolg aus dem Kirchenasyl entlassen worden sind.“ Es habe sich immer um sogenannte Dublin-Fälle gehandelt. Das heißt: Die Menschen müssten eigentlich in das Land der EU zurück, wo sie erstmals Boden der EU betreten haben, um dort ihren Asylantrag zu stellen. „Weil die Bedingungen für Flüchtlinge in diesen Ländern oft desolat sind, kommt es zur Bitte um Kirchenasyl. Uns ist wichtig, dass mit dem Kirchenasyl auch ein erreichbares Ziel verbunden ist: zum Beispiel, in Deutschland den Asylantrag stellen zu dürfen. Dabei arbeiten wir eng mit Fachleuten zusammen, die sich mit den rechtlichen Fragen besser als wir auskennen: konkret mit dem ökumenischen Netzwerk ,Asyl in der Kirche‘ und mit der Migrationsberatung des Diakonischen Werkes in Köln. Bisher gingen alle Fälle positiv aus, allerdings dauerte es oft monatelang.“

„Jeder hat seine eigene Geschichte“

Dabei wird Pfarrer Volker Hofmann-Hanke – neben den gesammelten Spendengeldern – auch von Ehrenamtlichen aus Worringen unterstützt:

Martina Hanke erzählt: „Ich mache etwas ganz Alltägliches, nämlich: die Wäsche waschen. Außerdem schaue ich ab und zu nach, wie es den Leuten geht oder
was gebraucht wird, bin Ansprechpartnerin, besorge kleine Geschenke zum Beispiel zu Weihnachten oder Ramadan.“ Sigrun Heicapell berichtet: „Ich mache vor allem – weil ich das auch von Berufs wegen mitbringe – Deutschunterricht mit den Geflüchteten, sei es, um grundlegende Kenntnisse zu erwerben oder schon vorhandene zu vertiefen. Dabei schaue ich, was gerade an Themen dran ist über das Schulwissen in Deutsch hinaus. Ich zeige auch gerne, wo man günstig einkaufen kann, und helfe bei organisatorischen Schwierigkeiten.“

„Je mehr Kontakt da ist, desto mehr berühren mich die Geschichten: was sie zu Hause erlebt haben, die Erfahrungen auf der Flucht, enttäuschte Hoffnungen hier, Fotos von zerstörten Wohnungen der Familie oder von erfrorenen Füßen unterwegs. Man könnte so viel erzählen. Jeder hat seine eigene Geschichte, und bei allen ist es absolut verständlich, warum sie da sind. Es ist toll zu sehen, wie motiviert die Menschen sind und wie die Hilfe angenommen wird“, sagt Martina Hanke. Sigrun Heicapell frage sich oft, „warum das Kirchenasyl als letztes Mittel überhaupt nötig ist. Ich rede ganz viel mit den Geflüchteten und erinnere mich an Berichte über Folter in Gefängnissen oder den Überlebenswillen bei der Überwindung einer Grenze. Ich möchte diese Menschen unterstützen, auch weil ich überzeugt bin, dass wir solche jungen Leuten hier bei uns brauchen. Es ist schön, dabei zu helfen, dass die Menschen hier einen Schritt weiter kommen, also zum Beispiel für einen Test zu üben, und damit die Hoffnung zu geben, dass sie das schaffen können, dass es eine Zukunft gibt, trotz aller Schwierigkeiten in einer fremden Umgebung.“

Pfarrer Volker Hofmann-Hanke fügt hinzu: „Wenn man diese Menschen fragt, wie es ihnen geht, sagen sie: Ja, ja, alles gut. Aber es sind junge Menschen, denen man eigentlich etwas anderes wünscht. Sie sind aufgeschlossen und lernen fleißig und werden sicherlich unsere Gesellschaft sehr bereichern, wenn sie denn mal loslegen können.“

Kirchenasyl

Die Tradition eines Schutzraumes im Bereich des Heiligen reicht bis in die Antike zurück. Beim Kirchenasyl handelt es sich heute um die Aufnahme von Flüchtlingen, die vom Bundesamt zur Ausreise aufgefordert wurden. Dabei ist wichtig, dass sich das Kirchengebäude nicht im rechtsfreien Raum befindet. Das heißt, den Behörden wird der Aufenthaltsort der Schutzsuchenden mitqeteilt und versichert, dass mit dem Kirchenasyl nicht das Gewaltmonopol des Staates grundsätzlich infrage gestellt sein will, dass die Kirche aber aus Sorge für die Menschen meint diesen Schritt gehen zu müssen.

Kölner Flüchtlingsrat

Der Kölner Flüchtlingsrat e.V. ist eine Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisation. Seit 1984 setzt er sich für den Schutz und die Rechte der Flüchtlinge, für ihre Integration sowie für Toleranz und Völkerverständigung ein. Als unabhängiges Netzwerk setzt er sich aus Flüchtlingen, Beratungsstellen, Menschenrechtsgruppen, Flüchtlingsinitiativen, Haupt- und Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit sowie interessierten Einzelpersonen zusammen.

www.koelner-fluechtlingsrat.de

Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche NRW e.V.

Jan Henkel, Thomas Brandt, Thomas Flörchinger
Haus der Evangelischen Kirche | Kartäusergasse 9-11 | 50678 Köln
mo 9 – 14 Uhr
Tel: 0221 . 33 82 -281, nrw@kirchenasyl.de

www.hoffnungsgemeinde-koeln.de

Text: Frauke Komander
Foto(s): Volker Hofmann-Hanke

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Baustellenbesuch: ASG baut auf dem Grundstück der ehemaligen Jesus-Christus Kirche

Wasserversorgung, Parkplatzsituation, ökologische Gesichtspunkte: Zu einer Baustellenbesichtigung des Neubauprojekts in der Martin-Luther-Straße 10-14 in Köln-Esch hat die Antoniter Siedlungsgesellschaft im Evangelischen Kirchenverband mbH Köln und Region (ASG) interessierte Nachbarinnen und Nachbarn sowie Gemeindemitglieder der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Pesch eingeladen.

Ende 2018 hat die Wohnungsbaugesellschaft das Grundstück der ehemaligen Jesus-Christus-Kirche von der Kirchengemeinde erworben, um dort in drei zweigeschossigen Wohngebäuden mit Staffelgeschoss Zwei- bis Fünfzimmer-Wohnungen für insgesamt 21 Haushalte zu errichten. Die Fertigstellung soll im II. Quartal 2023 erfolgen.

Drei Rohbauten

Vor allem die unmittelbaren Nachbarinnen und Nachbarn, die den Baufortschritt seit dem Baubeginn im April 2021 aus nächster Nähe beobachten können, nahmen an der Baustellenbesichtigung teil. Zu sehen waren die drei Rohbauten, von denen zwei bereits vollständig und einer zu zwei Dritteln fertig gestellt sind. Der Innenbereich der Gebäude konnte aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden. ASG-Geschäftsführer Guido Stephan, der technische Leiter Michael Kress und der verantwortliche Bauleiter Guido Manheller informierten die Teilnehmenden zum aktuellen Stand des Baus. Technische Gewerke wie Heizungsbau und Sanitär haben mit ihren Arbeiten bereits begonnen, ebenso die Dachdecker. Sobald die Fenster geliefert und eingebaut sind, kann voraussichtlich Ende April mit dem Innenausbau begonnen werden.

Auch ein Kinderspielplatz ist eingeplant

Die Besucherinnen und Besucher der Baustellenbesichtigung freuten sich, endlich mehr über das Bauprojekt erfahren zu können und Antworten auf ihre Fragen zu erhalten, die insbesondere auf die Sicherstellung ihrer Privatsphäre, die Wasserversorgung und die Parkplatzsituation abzielten. Fragen danach, inwieweit ökologische Gesichtspunkte beim Bau berücksichtigt wurden, beantwortete Michael Kress mit dem Hinweis auf die monolitische Massivbauweise mit einem hochdämmenden Ziegelmauerwerk ohne zusätzlichen Einbau eines Wärmedämmverbundsystems. Die Beheizung des gesamten Objektes sei mit einer Wärmepumpe in Kombination mit einer Fußbodenheizung geplant. Auch bei der Außenanlagenplanung setze man ökologische Akzente, so Kress. So würden heimische Gehölze, wasserdurchlässige Pflasterflächen kombiniert mit Rasenflächen und umlaufende Hecken das Gebäudeensemble durchgrünen. In der Außenanlage sei im Übrigen auch ein Kinderspielplatz eingeplant, fügte er hinzu.

Mit der Vermarktung der freifinanzierten Wohnungen soll im April 2022 begonnen werden. Vermieterin ist die ASG. Der Mietservice der Wohnungsbaugesellschaft wird sich dann mit den Mietinteressenten in Verbindung setzen, die sich in den letzten Wochen schon zahlreich bei der ASG gemeldet haben.

Guido Stephan dankte den Teilnehmenden für ihr großes Interesse und betonte, dass er jederzeit für weitere Nachfragen und Gespräche zur Verfügung stehe, die er gerne auch vor Ort fortsetzen will.

Informationen zum Baufortschritt findet man auf der ASG-Website www.asg.koeln.

Text: Susanne Hermanns
Foto(s): Susanne Hermanns

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Kirche2go fragt: Was ist Gefängnisseelsorge?

Kirche2go fragt: Was ist Gefängnisseelsorge? Die Seelsorgerinnen und Seelsorger besuchen Gefangene und begleiten sie in ihrer besonderen Lebenssituation. Sie helfen ihnen bei ihrem Versuch, ihr Leben zu verstehen und neu auszurichten, um „künftig ein Leben ohne Straftaten führen zu können.“ – wie es im Strafvollzugsgesetz formuliert ist. Wie sie es schaffen können, eine Brücken zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ zu bauen, erfahren Sie in dieser Kirche2go-Folge.

In der Passionszeit 2022 erklärt Kirche2go jeden Freitag einen Aspekt aus dem Bereich Seelsorge.

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Der gesamte Text zum Nachlesen:

Kirche2go fragt: Was ist Gefängnisseelsorge?

„Ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.“ – Motiviert von diesem Ausspruch von Jesus Christus, der im Neuen Testament im Matthäusevangelium überliefert wird, arbeitet die Gefängnisseelsorge. Die Seelsorgerinnen und Seelsorger besuchen Gefangene und begleiten sie in ihrer besonderen Lebenssituation. Sie helfen ihnen bei ihrem Versuch, ihr Leben zu verstehen und neu auszurichten, um „künftig ein Leben ohne Straftaten führen zu können.“ – wie es im Strafvollzugsgesetz formuliert ist.

Dabei begegnen sie Menschen aller Religionen mit Respekt und bieten auch Gefangenen anderer Religionszugehörigkeit auf ihren Wunsch hin seelsorgliche Begleitung an oder stellen Kontakte zu Geistlichen anderer Glaubens- und Religionsgemeinschaften her.

Aber auch Menschen in Untersuchungshaft können sich an die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner der Kirchen wenden. Dabei unterliegen die vielen hauptamtlichen und auch ehrenamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger der seelsorglichen Schweigepflicht und dem Beichtgeheimnis. Informationen aus den Gesprächen mit den Gefangenen werden nicht weitergegeben.

In vielen Gefängnissen feiern die Seelsorgerinnen und Seelsorger auch Gottesdienste mit den Gefangenen, bieten Gesprächsgruppen, Musikgruppen oder Einzelgespräche an. Auch Mitarbeitende der Gefängnisse können sich an sie wenden.

Außerdem sind die Gefängnisseelsorgerinnen und Seelsorger auch Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Angehörige von Strafgefangenen. So können sie Brücken zwischen Drinnen und Draußen bauen.

Text: APK
Foto(s): APK

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Theologische Seminare: „Mehr Aggression unter Verschwörungsgläubigen“

Gleich in zweierlei Hinsicht hat die Pandemie Einfluss auf die Vortrags- und Diskussionsreihe der Theologischen Seminare der Andreaskirchengemeinde in Bergisch Gladbach-Schildgen genommen. Es ging um „Verschwörungstheorien in Corona-Zeiten“. Und: Wie im Vorjahr hatten die Organisatorinnen und Organisatoren sich aufgrund steigender Inzidenzzahlen in diesem Frühjahr erneut gegen Präsenzveranstaltungen und für Zoom-Konferenzen entschieden. Diesmal, im 26. Jahr der Theologischen Seminare, lautete das Motto: „Woran Du Dein Herz hängst – Religiöse Überzeugungen und der heiße Kern des Christentums“. Organisiert werden die Theologischen Seminare als Kooperationsveranstaltung der evangelischen Gemeinde Altenberg/Schildgen, der katholischen Kirchengemeinde Herz Jesu Schildgen, des Katholischen Bildungswerkes Rheinisch-Bergischer Kreis sowie der Kölner Melanchthon-Akademie.

Nun fand der zweite Abend der dreiteiligen Reihe statt – unter dem Titel „Nichts ist wie es scheint! – Verschwörungstheorien in Corona-Zeiten“. Andrew Schäfer, Landespfarrer für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche im Rheinland, referierte über Verschwörungstheoretiker und Verschwörungstheoretikerinnen, die Wurzeln solcher Überzeugungen und darüber, wie man diesen Menschen begegnen kann.

Ernüchternde Erkenntnis des Düsseldorfer Theologen nach einem gut einstündigen intensiven Vortrag: „Wenn jemand erst einmal in diesen Verschwörungsmythen steckt, ist er für von seinem Weltbild abweichende Impulse nicht mehr zugänglich.“ Argumentativ werde ein solcher Mensch nicht mehr erreicht, der Umgang mit den Theorien und Weltanschauungen der Betroffenen könne zermürben und Beziehungen zerstören, berichtete Andrew Schäfer aus seiner Praxis als Berater und Gesprächspartner von Angehörigen und Betroffenen. „Es stimmt mich unsagbar traurig, wenn Menschen nicht mehr miteinander reden, Familien zerbrechen. Dann ist es wichtig, die Angehörigen intensiv zu begleiten.“

Absoluter Wahrheitsanspruch und ein klares Feindbild

Kennzeichen von Verschwörungstheoretikern und Verschwörungstheoretikerinnen sind ein absoluter Wahrheitsanspruch im Hinblick auf ihre Sicht der Dinge, gepaart mit einem klaren Feindbild. Misstrauen und Zweifel bestimmen den Alltag, jegliche Kritik wird abgeblockt. Wer mit einem solchen Menschen zu diskutieren versuche, erreiche im Grunde immer nur eine Eskalation. Dennoch sei Zivilcourage gefordert: „Leugnern des Holocaust zum Beispiel, müssen wir etwas entgegensetzen“, mahnte Andrew Schäfer und gab Tipps, wie ein Gespräch verlaufen könnte. Er machte aber auch klar, dass manchmal nur eine Kontaktpause einen endgültigen Bruch verhindert.

„Verschwörungstheorien sind so alt wie unsere Gesellschaft.“

Zuvor hatte er den 16 Teilnehmenden des Seminars Einblicke in die Szene der Verschwörungstheorien gegeben und ein Blick auf die Geschichte geworfen. Denn: „Schon im Mittelalter gab es nicht wenige, die an die Ritualmordlegende glaubten. Diese besagte, dass Juden das Blut von Säuglingen trinken, um ewiges Leben zu erlangen. Die heutige These der hauptsächlich in den USA angesiedelten QAnon-Bewegung, eine Elite würde das aus dem Blut von Kindern gewonnene ,Adrenochrome‘ konsumieren, fußt auf diesem jahrhundertealten Irrglauben“, erläuterte der Pfarrer und ergänzte: „Verschwörungstheorien sind so alt wie unsere Gesellschaft.“

Mit Besorgnis, so der Theologe, beobachte nicht nur er, dass das Aggressionspotenzial innerhalb der Gruppen von Verschwörungsgläubigen zunehme. Der Sturm auf die Reichstagstreppe in Berlin und das Capitol in Washington hätten deutlich gezeigt, dass die Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, stetig gesunken sei. „Politiker wie Volker Beck oder Karl Lauterbach wurden schon verbal bedroht oder sogar tätlich angegriffen.“

Dass Menschen, die sich politisch eher rechts positionieren, offenbar auch häufiger Teil der Verschwörungsszene sind, dokumentierte Andrew Schäfer mit Filmausschnitten, die Tamara Kirschbaum zeigten. Die Heilpraktikerin aus der Eifel mit großer Nähe zu den Reichsbürgern sprach unmittelbar vor dem Angriff auf den Reichstag davon, dass Donald Trump die Herrschaft in Deutschland übernehmen werde. Schäfers These dazu lautet: „Das Verschwörungsmilieu ist immer noch heterogen, driftet aber deutlich nach rechts ab.“

Im christlichen Bereich gebe es eine Affinität zur Freikirche, so der Düsseldorfer. „Freikirchen erleben sich als Minderheitskirchen, manche halten ein sehr konservatives Ehe- und Familienbild hoch, das gut zu einer neuen rechten Bewegung passt, die auch Verschwörungstheorien verbreitet.“ Am Beispiel des Senders Kla.tv des Schweizers Ivo Sasek, der offen krude Weltanschauungen verbreitet, zeigte Schäfer, wie gut die Szene sich auch digital vernetzt hat. Hier hakte Pfarrer Jürgen Manderla, Moderator des Abends nach, und fragte nach dem Einfluss des Internets auf Verschwörungstheorien. „Das Internet hat das Wissen demokratisiert. Es gibt keine Lösung, die Verbreitung von Verschwörungsmythen aufzuhalten“, bedauerte Andrew Schäfer. Pfarrer Thomas Biju, Mitorganisator der Seminarreihe, gab zu bedenken, dass Verschwörungstheoretiker und Verschwörungstheoretikerinnen oft sehr intelligente Menschen seien. Hier stimmte der Landespfarrer zu: „Menschen, die sich auf diese Weise verändern, haben oft einen schmerzlichen Umbruch in ihrem Leben erlitten.“

Der nächste Abend findet am Donnerstag, 17. März, statt. Das Zoom-Seminar beginnt um 20 Uhr und steht unter dem Titel „Betet ohne Unterlass! – Einblicke in die Tradition gelebter christlicher Spiritualität“. Referent ist Dr. Dr. Michael Plattig O.Carm. aus Münster. Weitere Informationen gibt es auf der Website der Gemeinde:

www.andreaskirche-schildgen.de

Text: Katja Pohl
Foto(s): Matthias Pohl

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Wochentipps: Diskussion „Krieg und Frieden in Europa“ und Stationendrama „7 Sünden“

Unsere Wochentipps zeigen wieder Highlights aus den verschiedensten Bereichen: Es gibt die Soiree „Die VIA REFORMATA: Reformation zieht Kreise“, das Stationendrama „7 Sünden“, den Frühlingsempfang der Evangelischen Kirche in Bergisch Gladbach mit dem Präses Dr. Thorsten Latzel sowie die „WiederSprechen“-Online-Diskussion zu „Krieg und Frieden in Europa“ und das Konzert „Beatles meet Orgel“.

Die Übersicht:

24.03.2022, 19:00
Melanchthon-Akademie
Trinitatiskirche, Filzengraben 2
Die VIA REFORMATA: Reformation zieht Kreise
Eine evangelische Zeitreise durch die Kölner Innenstadt
Die Stationen der im Herbst 2021 eröffneten VIA REFORMATA werden am Donnerstag, 24. März, 19 Uhr, bei einer Soiree in der Trinitatiskirche, Filzengraben 4, vorgestellt. Die VIA REFORMATA lädt dazu ein, Köln mit evangelischen Augen zu sehen. Sie ist aus der Auseinandersetzung mit dem Reformationsjubiläum 2017 erwachsen. Auf dem Gebiet des reichsstädtischen, linksrheinischen Kölns innerhalb der mittelalterlichen Stadtgrenzen eröffnet sie einen Weg, den man zu Fuß beschreiten kann, zwischen Dom und dem südlichen historischen Stadtrand. Dabei kann man Menschen, Ereignisse, Gebäude und Stimmungen zwischen dem 16. Jahrhundert und der Gegenwart erfahren. Der Abend beginnt mit einer Performance mit den Schauspielern Günther Heitzmann und Friedhelm Weiß. Professor Athina Lexutt hält die Eröffnungsrede. Anschließend versammeln sich die Teilnehmenden zu Steh-Tischgesprächen mit Dr. Matthias Engelke, Ökumenisches Institut für Friedenstheologie, Pfarrerin Ulrike Graupner, Evangelische Clarenbach-Gemeinde Köln-Braunsfeld, Professor Siegfried Hermle, Universität zu Köln, Günter Leitner, Stadtführer, sowie Pfarrer Dr. Bernhard Seiger, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. Kirchenmusiker Wolf-Rüdiger Spieler trägt reformatorische Orgelmusik vor. Pfarrer Dr. Martin Bock, Leiter der Melanchthon-Akademie, und Pfarrer Gerd Maeggi, persönlicher Referent des Stadtsuperintendenten, moderieren die Soiree. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung per E-Mail an melanchthon-akademie.de ist erforderlich.

Anmeldung erforderlich, Tel: 0221 931 803 0, anmeldung@melanchthon-akademie.de
www.melanchthon-akademie.de

25.03.2022, 16:00
Evangelische Gemeinde Köln
Christuskirche, Dorothee-Sölle-Platz 1, 50672 Köln
„7 Sünden“
Stationendrama verbindet verschiedene Kunstformen
Der Frage „Welche Bedeutung messen wir dem Begriff der Sünde noch bei?“ geht eine Veranstaltung in der Christuskirche, Dorothee-Sölle-Platz 1, in mehreren Aufführungen von Freitag bis Sonntag, 25. bis 27. März, jeweils 16, 18 und 20 Uhr, nach. Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler schauen auf die einzelnen „Todsünden“ und setzen dazu verschiedene Kunstformen ein wie etwa Musik, Theater, Tanz, Malerei, Figurentheater, Installation und Soundcollage. Dabei versuchen sie, die Grenzen zwischen Gut und Böse sowie richtig und falsch auszuloten. Das Stationendrama ist für Menschen im Alter ab 16 Jahren geeignet. Der Eintritt kostet 17,50 Euro, ermäßigt 12,50 Euro. Tickets gibt es über die Internetseite www.christuskirche-mitten-im-leben.de.

www.christuskirche-mitten-im-leben.de

27.03.2022, 17:00
Evangelische Kirchengemeinde Bergisch Gladbach
Gnadenkirche, Hauptstraße 256, 51465 Bergisch Gladbach
Frühlingsempfang der Evangelischen Kirche in Bergisch Gladbach
Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland kommt zu Besuch
Pfarrer Dr. Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, hält die Predigt in einem Festgottesdienst am Sonntag, 27. März, 17 Uhr, im Kirchgarten der Gnadenkirche, Hauptstraße 256. Anlass ist der Frühlingsempfang zu dem die Kirchengemeinden Bergisch Gladbach, Bensberg und Altenberg/Schildgen sowie die Evangelischen Kliniken Rheinland gGmbH, das Diakonische Werk Köln und Region, die Evangelische Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Bensberg sowie die Evangelische Grundschule Bensberg gemeinsam einladen. Frank Stein, Bürgermeister der Stadt Bergisch Gladbach, spricht ein Grußwort. Im Anschluss an den Gottesdienst sind die Teilnehmenden zu einem Umtrunk eingeladen. Bei Regen findet der Frühlingsempfang im „Bergischen Löwen“, Konrad-Adenauer-Platz statt.

www.kirche-gl.de

28.03.2022, 19:00
Melanchthon-Akademie
Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, 50676 Köln
„Wie in einer anderen Welt aufgewacht?“ ONLINE
Krieg und Frieden in Europa
Bilder vom Leid der ukrainischen Zivilbevölkerung, von geflüchteten Frauen und Kindern, von Militär und Zerstörung prägen derzeit die Welt. Die Hoffnung, nach den schweren Zeiten der Pandemie, wieder etwas entspannter und unbesorgter Leben zu können ist verflogen. Mit der Veranstaltung „Wie in einer anderen Welt aufgewacht? – Krieg und Frieden in Europa“ aus der Reihe „WiederSprechen“ am Montag, 28. März, 19 Uhr, soll ein öffentlicher Raum geschaffen werden in dem die Teilnehmenden ihre Sorgen und Ängste bezüglich des Krieges äußern können und diese mit Fachleuten eingeordnet und diskutiert werden kann. In der Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, sind Christine Busch, Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft evangelischer Friedensdienst (AGDF) und Stephan Grünewald, Psychologe, zu Gast. Die Moderation übernimmt Arnd Henze, Autor, Journalist und Redakteur beim WDR. Zu dieser Veranstaltung laden das Friedensbildungswerk Köln, die Karl Rahner Akademie Köln, das Katholische Bildungswerk Köln, die Melanchthon Akademie Köln sowie die Volkshochschule Köln ein. Eine Anmeldung unter www.karl-rahner-akademie.de ist erforderlich. Die Veranstaltung wird auch gestreamt. Die Teilnahme ist kostenlos.

www.karl-rahner-akademie.de
30.03.2022, 19:30
Evangelische Gemeinde Köln
Thomaskirche, Neusser Wall 61, 50670 Köln
„Beatles meet Orgel“
Konzert mit Orgel und Gitarren in der Thomaskirche
Am Mittwoch, 30. März, 19.30 Uhr, treffen in der Thomaskirche, Neusser Wall/Ecke Lentstaße, bekannte Hits der Beatles auf Orgelmusik. Dirk Müller-Sautermann und Henrik Wilmhoff, beide Gitarre und Musikernachbarn der Thomaskirche sowie Kirchenmusiker Julian Gerst (Orgel) präsentieren dieses besondere musikalische Programm unter dem Titel „Beatles meet Orgel“. Der Eintritt ist frei. Es gilt die 2G-Regelung.

www.thomaskirche-koeln.de

Text: APK
Foto(s): APK

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„Momente der Ruhe“: Die Lange Nacht der Kirchen 2022

Der Katholische Kirchengemeindeverband Köln-Mitte und der Evangelische Kirchenverband Köln und Region haben am Freitagabend zu der „Langen Nacht der Kirchen“ in der Kölner Innenstadt eingeladen – 22 christliche Kirchen unterschiedlicher Konfessionen waren geöffnet für einen Abend voller Alternativen zum Alltag. „Es war wieder ein Erfolg“, resümiert Dr. Martin Bock, Akademieleiter Melanchthon-Akademie. „Besonders nach der Renovierung der Trinitatiskirche konnten wir die Möglichkeiten der verschiedenen Lichteffekte eindrucksvoll einsetzen. Wir haben die Kirche in ein blau-gelbes Licht getaucht, um ein Zeichen für die Menschen in der Ukraine zu setzen. Die Lesungen haben sich an den Psalmen orientiert, jeweils zur halben und vollen Stunde habe ich Auslegungen aus jüdischer und christlicher Perspektive vorgestellt, um zu zeigen, dass die Psalmen das Gebetsbuch des Volkes Israels und der Kirche sind. Nach den Lesungen haben uns immer wieder Menschen angesprochen und waren dankbar für die Momente der Ruhe und der inneren Ausrichtung.“

Außen sichtbar platzierte Flaggen und ausgerollte rote Teppiche sollten signalisieren, dass am Freitagabend etwas Besonderes in den Kirchen vor sich ging. Vor allem die Teppiche sollten laut Stadtsuperintendent Bernhard Seiger die Botschaft aussenden: „Ihr seid wichtig. Ihr seid willkommen, wie ihr seid, ihr müsst nichts tun, nichts leisten, könnt auch wieder gehen, aber auch verweilen, wie ihr wollt. Hier werdet ihr wertgeschätzt. Jeder ist heute König in unserem Haus.“

Das Programm war aufgeteilt in vier Stilrichtungen. Die waren benannt in „calm and smooth“ und haben etwa in der Christuskirche Klaviermusik und leisen Sound geboten, „pop and beat“ zum Beispiel in St. Agnes und St. Michael, „experience and adventure“ mit einer blau-gelben Lichtinstallation in St. Georg und „listen and reflect“ mit Möglichkeiten, Geschichten zu hören. Letztere Möglichkeit gab es in der Kartäuserkirche und auch in der Bahnhofsmission.

Sprache der Liebe und des Friedens

Aber es gehe auch um die Raumerfahrungen in dieser Zeit. „Corona hat zwei Jahre lang ausgelaugt und gefordert. Die Klimakrise ist drückend. Der Krieg in der Ukraine erschüttert jahrzehntelange Gewissheiten“, so der Stadtsuperintendent. „Was trägt uns jetzt? Menschen brauchen Halt und Trost für die Seele. Unsere Kirchen haben über die Jahrhunderte Krisen aller Art gesehen. Auch zwei Weltkriege und die Pest. Unsere Räume sind in der Krise ein Kraftort. Eine Schutzburg, eine Gegenwelt, weil sie von dem erzählen, wie Gott will, dass wir leben, als Menschen und Gott die Ehre geben. Die Verhältnisse im richtigen Maß und Licht sehen. Der Angst, der Trauer, der Sehnsucht nach Frieden Raum verleihen.“ Die Kirche sei ein Raum, der von einer anderen Welt spreche. Es sei die Sprache der Liebe und des Friedens.

Ökumenische Erfolgsgeschichte

Auch Stadtdechant Monsignore Robert Kleine nannte die „Lange Nacht der Kirchen“ eine „ökumenische Erfolgsgeschichte“. Kurz vor dem dritten Fastensonntag suchten viele Menschen Ort, um in sich zu kehren und spirituelle Angebote wahrzunehmen.

www.langenachtderkirchen.koeln
















Text: Stefan Rahmann/APK
Foto(s): Ebels

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VIA REFORMATA: Einladung zur Soiree

„VIA REFORMATA: Die Reformation zieht Kreise – eine evangelische Zeitreise durch die Kölner Innenstadt“: Am Donnerstag, 24. März, um 19 Uhr laden der EKV und die Melanchthon-Akademie zu einer Soiree in die Trinitatiskirche und der neunten Station der VIA  REFORMATA ein (Filzengraben 4, 50676 Köln). Seit Herbst lädt die VIA REFORMATA des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region (EKV) dazu ein, Köln auf den Spuren der Reformation zu entdecken. Evangelisches Leben damals und heute wird durch die zwölf Stationen des Geschichtspfads zwischen Dom und Kartäuserkirche am südlichen historischen Stadtrand erlebbar.

Frau Professorin Dr. Athina Lexutt, Universitätsprofessorin für Kirchengeschichte an der Justus Liebig-Universität Gießen, wird in einer Keynote über „Echt abgefahren – Ein zugiger Streifzug durch die Geschichte des Protestantismus in Köln über 12 Stationen mit kölschen Noten“ sprechen. Die Schauspieler Friedhelm Weiss und Günther Heitzmann erinnern an die Entstehung der Trinitatiskirche und die „Domeinweihung“ 1880 an diesem Ort. Gerd Maeggi und Dr. Martin Bock kommen mit Autorinnen und Autoren der Wegstationen sowie mit weiteren Akteurinnen und Akteuren der VIA REFORMATA ins Gespräch. Wolf-Rüdiger Spieler lässt die Klais-Orgel mit reformatorisch inspirierter Orgelmusik erklingen.

Im Anschluss wird zu einem Imbiss im Foyer der Trinitatiskirche eingeladen. Eine Anmeldung zur Veranstaltung wird unter anmeldung@melanchthon-akademie.de oder 0221.931803-0 (Veranstaltung 10188) erbeten. Der Eintritt ist frei.

Kirche für Menschen auf dem Weg: An dem Abend wird eine Spende für die evangelische und katholische Obdachlosenarbeit in der Kölner Innenstadt durch die Initiativen „Gulliver“ und „Gubbio“ erbeten.

Zu beachten ist die geltende Corona-Schutzverordnung.

Weitere Informationen:

www.melanchthon-akademie.de

Text: APK
Foto(s): APK

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Jahresbilanz der Evangelischen und Katholischen TelefonSeelsorge in Köln

„Die TelefonSeelsorge bildet einen wichtigen Beitrag der beiden großen Kirchen für die Gesellschaft“, verdeutlicht Dr. Dorit Felsch. Die Pfarrerin leitet die Evangelische Telefonseelsorge Köln. Gemeinsam mit Annelie Bracke, Leiterin der Katholischen Telefonseelsorge Köln, nahm sie zuletzt das Tätigkeitsjahr 2021 und aktuelle Entwicklungen in den Blick. „Wir kooperieren sehr gut miteinander“, sagt Bracke: Beide Kölner Stellen arbeiteten harmonisch im Verbund. „Wir waren im letzten Jahr eine der Säulen der psychosozialen Grundversorgung“, weisen beide unter anderem auf den pandemiebedingten deutlichen Anstieg von Ängsten hin.

Die Kölner TelefonSeelsorge-Einrichtungen sind 365 Tage im Jahr rund um die Uhr unter 08001110111 und 08001110222 zu erreichen, kostenfrei auch aus dem Mobilfunknetz. Zwar seien die Rufnummern laut Bracke bundesweit einheitlich. Den beiden Kölner Stellen würden aber die Anrufe aus der Region Köln/Bergisches Land vermittelt. Das bedeute ein Einzugsgebiet mit über drei Millionen Menschen. Schon jetzt biete die evangelische Stelle in Köln zusätzlich einen Seelsorge-Kontakt und -Austausch per E-Mail an, so Felsch. Das katholische Pendant in Köln offeriert ab der zweiten Jahreshälfte zudem die Möglichkeit, per Chat zu kommunizieren. „Wir bringen uns ein in den Pool auf Bundesebene“, sagt Bracke.

Das Angebot der TelefonSeelsorge stehe jedem Menschen offen, betonen die Leiterinnen. Völlig egal, ob man einer Konfession angehört oder nicht, ob man jünger oder älter ist. Wer in welcher Lebenssituation, wer mit welchen Problemen und Sorgen auch immer eine(n) Gesprächspartner*in suche, treffe bei der TelefonSeelsorge auf offene Ohren. „Über Ängste sprechen hilft“, ermutigt Felsch Betroffene. „Gespräche nehmen etwas von der kompletten Ohnmacht.“  Selbstverständlich seien die Gespräche und Beratungen absolut vertraulich. „Anonyme Nähe“ laute das Schlagwort dafür. 90 Ehrenamtliche zählt derzeit die Evangelische Einrichtung, 63 die katholische. Diese sind rund 15 Stunden wöchentlich im Einsatz. Ein zeitlicher Aufwand, der regelmäßige Supervisionen (Begleitung/Beratung) und Fortbildungen einschließt.

Der Bedarf ist hoch

2021 führten die Mitarbeitenden der beiden Kölner Stellen insgesamt 26.000 Gespräche. Das ergebe täglich circa siebzig, rechnet Felsch. Dabei dauere jedes Gespräch circa zwanzig Minuten. „Der Bedarf ist jedoch weit höher. Es gibt mehr Anrufe als wir annehmen können“, weisen Bracke und Felsch auf die unveränderte Notwendigkeit eines solchen Angebotes hin. Um die Erreichbarkeit weiter zu verbessern, würden schon jetzt mache Schichten doppelt besetzt. „Und wir sind daran interessiert, dies deutlich zu erweitern.“

Zwei Drittel der ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Evangelischen TelefonSeelsorge sind weiblich, ein Drittel männlich. In der Katholischen Stelle engagieren sich zu einem Viertel Männer. Trotz des weiblichen Übergewichts eigneten sich für diese Aufgabe selbstverständlich und erwiesenermaßen ebenso Männer, appellierten beiden Leiterinnen. Zwar entfalle ein starker Anteil der Ehrenamtlichen auf Menschen, die in Pension gegangen seien und nun eine neue Aufgabe suchten, so Felsch. Aber die Altersstruktur verändere sich gerade. Zunehmend meldeten sich zwecks Mitarbeit auch jüngere Menschen, die mitten im Berufsleben stünden. „Wir sind breit aufgestellt und freuen uns über eine noch größere Bandbreite“, so die Pfarrerin. Bracke bestätigt das. Und sie nennt drei wesentliche Erwartungen an die Mitarbeitenden: Offenheit gegenüber Menschen, sprachliche Ausdrucksfähigkeit und persönlich stabil sein. Von großer Bedeutung sei, ergänzt Felsch, dass die Ehrenamtlichen sich in Gesprächen mit Betroffenen solidarisch zeigten.

Laut Statistik machten 2021 die zentralen Themen „Depressive Stimmung“ 19 Prozent, „Ängste“ 17 Prozent und „Einsamkeit“ ebenfalls 17 Prozent der Gesamtgespräche aus. Zu den aktuellen Themen in den Telefonaten zählten weiterhin Corona und neu der Krieg in der Ukraine. Allein zwanzig Prozent der Gespräche drehten sich um das anhaltende Kriegsgeschehen, so Bracke. Zum Thema „Corona“ nannte sie schwankende Werte: Danach drehte sich im Januar und August 2021 in jeweils zwanzig Prozent der Kontakte das Gespräch um die Pandemie. Für August 2022 (5%) und Januar 2022 (11%) berichtete sie abgeschwächte Zahlen.

Zunahme von Vereinsamung, Bedrückung, Niedergeschlagenheit

„Depressive Stimmung und Ängste gehören immer zu den Hauptthemen. Aber alles, was ohnehin angelegt war, ist durch Corona verstärkt worden“, erklärt Felsch. Corona habe vorhandene schwierige Lebenslagen verschärft, bekräftigt Bracke. Vereinsamung, Bedrückung, Niedergeschlagenheit hätten zugenommen. Bestehende Spannungen in Familien und Partnerschaften hätten sich verschlimmert und neue Probleme bis zur Existenzbedrohung sich entwickelt. Angehörige pflegender Berufe beispielsweise hätten von ihrem „großen Stress“ und ihrer Überforderung  erzählt, so Bracke. In der Pandemie seien auch deutlich mehr Anrufe von Schüler und Schülerinnen und Studenten und Studentinnen eingegangen.

Krieg in der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine löse existenzielle Gedanken und tiefe Ängste ebenso hierzulande aus, so Felsch. Beispielsweise träten bei über Achtzigjährigen Kindheitserinnerungen an Aufenthalte in Luftschutzbunkern auf. Aber auch junge Menschen ohne Kriegserfahrung äußerten ihre Ängste vor einer Ausweitung der Kämpfe. Zahlreiche Anrufende sorgten sich um Angehörige in der Ukraine. Hier lebende Russischstämmige erführen sogar massive Anfeindungen. „Es ist die ganze Bandbreite an Nöten“, stellt Felsch fest. An den aktuell deutlich erhöhten Prozentzahlen bei den Themen „Depressive Stimmung“ (22 %) und „Ängste“ (38%) könne man ablesen, wie sehr die Kriegssituation im Osten Anrufende seelisch belaste. „38 Prozent Gespräche zum Thema ´Ängste´ hatten wir noch nie in unserer Stadt“, sagt Bracke.

Von den Themen Pandemie und Krieg seien unsere Mitarbeitenden genauso betroffen, so Bracke. Überhaupt sei es elementar, dass Leitende und Mitarbeitende miteinander über ihre Erfahrungen sprächen. Deshalb fänden regelmäßig Gruppentreffen statt. „Es ist total wichtig, zu schauen, darüber zu reden, was es mit einem selbst macht“, betont Bracke den inneren gemeinschaftlichen Austausch. Dabei habe sich gezeigt, dass „unsere Mitarbeitenden es toll fanden, dass sie etwas tun konnten, mit Menschen etwas auszuhalten, gemeinsam da zu sein für andere, das macht Mut“. Flesch spricht von der Motivation bei den Mitarbeitenden, von deren Gefühl, etwas Sinnhaftes für andere tun zu können. „Das stärkt unsere Mitarbeitenden selbst.“

Suche nach ehrenamtlichen Mitarbeitenden

Derzeit sucht die TelefonSeelsorge weitere ehrenamtliche Mitarbeitende. Beide Kölner Stellen beginnen nach den Sommerferien mit je einem zwölfmonatigen Ausbildungskurs. Bewerbungen werden schon jetzt erbeten. Das Mindestalter beträgt 25 Jahre. Interessierte kontaktieren bitte per E-Mail die Evangelische TelefonSeelsorge Köln (www.ev-telefonseelsorge-koeln.de): telefonseelsorge.kirche-koeln@ekir.de oder die Katholische TelefonSeelsorge Köln (www.telefonseelsorge-koeln.de): mail@telefonseelsorge-koeln.de.

„Wir freuen uns auch sehr über Anmeldungen von Menschen, die krisenerfahren sind“, sagt Felsch. Denn die persönliche Erfahrung und erfolgreiche Krisenbewältigung helfe im Umgang mit anderen Betroffenen. Einen umfangreichen Teil der Ausbildung nehme die Selbstwahrnehmung und Selbstbetrachtung ein, so Bracke. „Bei sich selbst zu schauen“, nannte sie den wichtigsten Aspekt. Es gehe darum, die eigenen Grenzen und Ängste zu (er)kennen. Vermittelt würden zudem Gesprächstechniken und Methoden für den fachlichen Umgang mit Ängsten.

Offenheit, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit

Es gehe darum zu lernen, sich auf unterschiedlichste Menschen einlassen zu können, so Felsch. Eine Offenheit zu zeigen für Menschen mit ganz verschiedenen Hintergründen. „Diese Aufgabe erfordert Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit“, verdeutlicht die Pfarrerin noch einmal die auch zeitliche Herausforderung: Zu den regelmäßigen Telefondiensten, zu denen ebenso Nachtschichten gehörten, kämen hinzu regelmäßige Supervisionen und Fortbildungen. Nicht selten, teilt sie eine Erfahrung hinsichtlich des guten Lern- und Arbeitsklimas in den Stellen mit, stifteten die gemeinsame Ausbildung und folgende Tätigkeit anhaltende Bekanntschaften und Freundschaften.

Drei Säulen prägten und trügen die TelefonSeelsorge, fasst Bracke grundsätzlich zusammen: Erstens die Fachlichkeit. Sie werde durch die Grundausbildung, regelmäßige Supervisionen und Fortbildungen erreicht. Zweitens die Gemeinschaft – „wir lachen auch zusammen.“ Und drittens die Spiritualität: „Wir schauen, wo unsere Wurzeln sind.“ Tatsächlich würden die spirituellen Angebote von den Mitarbeitenden der beiden Stellen sehr gut angenommen.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

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„Mitnehmen und Geben“: Neuer Bücherschrank in Pesch

Die Evangelische Kirchengemeinde Köln-Pesch hat unter blauen Himmel ihren öffentlichen Bücherschrank am Gemeindezentrum in der Montessoristraße eingeweiht – zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern der Vereine und Einrichtungen, die den Bücherschrank finanziell unterstützt haben: dem Bürgerverein Pesch, dem gemeindlichen Förderverein „Für Zukunft e.V.“, dem Bezirksamt Köln-Chorweiler sowie einem Team von Ehrenamtlichen. Pfarrerin Sylvia Wacker und die Presbyteriums-Vorsitzende Elke Voss hatten zu einem Empfang eingeladen. Sylvia Wacker resümiert: „Das Feedback war sehr positiv.“

Kunterbuntes Angebot

Wenn Pfarrerin Sylvia Wacker aus ihrem Pfarrbürofenster sieht, hat sie ihn genau im Blick – den öffentlichen Bücherschrank der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Pesch, gelegen auf dem Gelände des Gemeindezentrums, direkt neben dem Gymnasium und der städtischen Kindertagesstätte. „Im Schnitt besuchen zirka 50 Menschen, von Kita-Kids bis Seniorinnen und Senioren täglich den Bücherschrank“, schätzt sie. Das Praktische: Der Bücherschrank ist immer offen.

Und er hat einiges zu bieten: bis zu 200 Bücher von Kinderliteratur bis zum Krimi. Ein Team von Ehrenamtlichen kontrolliert dabei täglich mindestens einmal die eingegangenen Werke und prüft sie auf Titel, Inhalt, Zustand, Alter und Aktualität. „Das Angebot ist kunterbunt“, freut sich Wacker nach den ersten Monaten der Inbetriebnahme. Bücher, die nach zwei Wochen nicht mitgenommen wurden, werden entfernt, um Platz für neue Titel zu schaffen. Das untere Regal ist extra für Kinder- und Jugendbücher reserviert. Beim Bespielen des Bücherschranks bekommen Wacker und ihr Team oft gute Rückmeldungen direkt vor Ort.

Tausch-Prinzip

Zwei Punkte sind Wacker beim Gebrauch des Bücherschranks besonders wichtig: „Bitte lösen Sie nicht Ihren Bibliotheksbestand auf und stellen Sie keine Tüten und Kisten an Büchern neben den Schrank. Vielmehr funktioniert das Prinzip so: Sie nehmen ein Buch mit und geben dafür eins ab. Mitnehmen und Geben.“

Bücherregale ergänzen weiterhin das Leseangebot

Damit sich Lese-Hungrige an dem Inventar des Schranks bedienen können, sammelte die Gemeinde Gelder in ihrem Unterstützerkreis. Ende letzten Jahres konnte das Projekt umgesetzt werden. Der Bedarf war groß: Schon viele Jahren existieren im Gemeindezentrum zwei Bücherregale, an denen sich jede und jeder sich bedienen oder Bücher einstellen kann, allerdings war der Zugang durch die Pandemie eingeschränkt. Das war für die Gemeinde der Anlass, sich um einen öffentlichen Bücherschrank zu bemühen. Die Bücherregale existieren als Angebot nehmen dem Bücherschrank weiterhin. „Der Platz in unserem Bücherschrank würde allein nicht für unser Leseangebot ausreichen“.

Neben dem Tauschangebot sind auch Lesungen im Sommer am Bücherschrank oder eine Fahrradtour zu den Bücherschränken in den umliegenden Veedeln angedacht.

Text: Laura Ruthmann
Foto(s): Sylvia Wacker

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Archivale März: Arbeiten im Archiv

Modern statt verstaubt: Das Arbeiten im Archiv ist geprägt von Digitalisierung, Offenheit, Austausch und ständiger Weiterentwicklung. Liest man hingegen den Artikel von Anneliese Berkenkamp im „Der Weg“ über das Berufsbild „Archivar“ vom 19. Januar 1969, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie schildert einen älteren untersetzten Mann, der mehr in der Vergangenheit und Tagträumen lebt als in der Gegenwart, so dass er sogar den Geburtstag seiner Frau vergisst. Er hält an Gewohnheiten fest und mag nur wenig Veränderungen. Ihm sind Kontakte zu anderen Menschen, besonders zu Frauen unangenehm. Wirklich verstanden fühlt er sich nur von den alten Akten und von anderen Archivaren:

„Die Gegenwart verblaßt, und die Zeiten gleiten über ihn hinweg: ja, hier ist er zu Hause, der Wanderer im Ablauf der Geschichte, der selbst nirgends verzeichnet sein wird, hier wächst seine Lust zwischen trockenen knappen Zahlen, hinter denen zusammengeballt breite Welten farbigen Lebens verborgen sind, hier waltet er über Reiche und Persönlichkeiten, ein Diener, des lieben Gottes, der darauf achtet, daß nichts Denkwürdiges verlorengehe.“

Längst wird dieser Beruf nicht mehr nur durch Männer ausgeübt. Männer und Frauen lassen sich zu Archivarinnen und Archivaren ausbilden. Ziel ihrer Bewertungs- und Erschließungsarbeiten von Archivgut ist es, dieses interessierten Bürgerinnen und Bürgern, Forscherinnen und Forschern etc. jeden Alters zugänglich zu machen. Gerne beraten und unterstützen Archivarinnen und Archivare sie bei der Beantwortung ihrer Fragen zur Familiengeschichte, zur Kirchengeschichte, zur Verwaltungsgeschichte – und viele mehr. Der Austausch mit Nutzerinnen und Nutzern sowohl aus der Verwaltung als auch von außerhalb ist sehr wichtig.

Interesse an Geschichte

Archivarinnen und Archivare müssen sich auch immer wieder neuen Herausforderungen stellen, besonders im Zuge der Digitalisierung der Verwaltungen und des alltäglichen Lebens. Neues Wissen über technische Verfahren und Möglichkeiten der Übernahme und dauerhaften Aufbewahrung im Archiv, um auch diese digital vorliegenden Objekte für künftige Generationen zugänglich zu machen, müssen überlegt, erprobt und umgesetzt werden. Folglich ist das Arbeiten in einem Archiv keine starre Angelegenheit, sondern geprägt durch kommunikativen Austausch, Offenheit und Weiterentwicklung. Ein gewisses Interesse an Geschichte gehört natürlich auch dazu.

Das Team des Archivs des Evangelischen Kirchenverbandes heißt Interessierte herzlich willkommen. Man kann pandemiebedingt derzeit nur nach vorheriger telefonischer Anmeldung und/oder E-Mail-Anmeldung vorbei kommen. Das Archiv berät und unterstützt bei wissenschaftlichen und privaten Fragestellungen.

www.koelnerarchive.de

Text: Stefanie Sternemann
Foto(s): Stefanie Sternemann

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