„Gott steht auf der Seite derer, die in Not sind“ – Zukunftsszenarien, Klimagerechtigkeit und Energiewende – Nachrichten von der Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Köln-Nord

„Endlich wieder Kreissynode in Präsenz“, begrüßte Pfarrerin Ulrike Graupner beim Abendmahlsgottesdienst in der katholischen Kirche St. Marien in Köln zum Auftakt der Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord. Die Pfarrerin aus dem 1. Pfarrbezirk Braunsfeld-Süd freute sich besonders über die vielen Begegnungen. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen Regina Doffing, Pfarrerin aus Junkersdorf und Dagmar Müller aus Weiden/Lövenich gestaltete sie die Predigt zum Text aus 1. Korinther 12 „Viele Glieder – ein Leib“.

Pfarrerin Ulrike Graupner.

„Nun aber sind es viele Glieder, aber der Leib ist einer. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit.“ Gemeinsam berichteten sie von ihrem „Kooperationsraum 04“ – dem Austausch untereinander, vielen Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschieden. Müller sagte: „Gerade beim Erzählen und Vergleichen entdecke ich: Was läuft bei uns besser; was läuft bei uns schlechter. Ich versuche, daraus zu lernen.“ Graupner erklärte: „Wir sind darauf getrimmt, ständig zu vergleichen und zu bewerten. Wir Christenmenschen haben doch eigentlich eine ganz andere Basis, eine gemeinsame Basis, bei allen Unterschieden: Wir sind alle Glieder am Leib Christi.“ Und Doffing ergänzte: „Verschiedenheit der Gaben ist ein Geschenk.“

Superintendent Markus Zimmermann eröffnete die Kreissynode im Jochen-Klepper-Haus.

Superintendent Markus Zimmermann eröffnete im Anschluss an den Gottesdienst die Kreissynode im Jochen-Klepper-Haus und begrüßte die 78 Synodalen. In seinen Mitteilungen informierte er die Delegierten unter anderem über eine neue, befristete 50%-Stelle für eine*n Jugendreferent*in, die Auflösung des Ev. Kitaverbandes Köln-Nord, die Übertragung der Kindertageseinrichtungen an das Diakonische Werk Köln und Region gGmbH, den Personalbericht und anstehende Fusionen von Gemeinden im Kirchenkreis. Ab 01.01.2024 will die Ev. Kirchengemeinde Mauenheim-Weidenpesch mit der Ev. Immanuelgemeinde Köln Longerich fusionieren. Ebenso steht eine Fusion der Ev. Trinitatis-Kirchengemeinde an der Erft mit dem Bezirk Bedburg der Ev. Kirchengemeinde Bedburg-Niederaußem-Glessen an. Die Ev. Christuskirchengemeinde Brauweiler-Königsdorf fusioniert mit dem Bezirk Niederaußem-Glessen, der Ev. Kirchengemeinde Bedburg-Niederaußem-Glessen. Der Ev. Verwaltungsverband Köln-Nord befindet sich ebenfalls in Planungen zur Fusion mit dem Ev. Verwaltungsverband Köln-Süd/Mitte. Darüber hinaus wird die Bildung eines Kompetenzzentrums Personal für Köln und Region beim Ev. Kirchenverband Köln und Region angestrebt.

Zukunftsszenarien: Entwicklungen in der Kirchenkreis-Region und Treibhausgasneutralität bis 2035

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Christa Reicher, Inhaberin des Lehrstuhls für Städtebau und Entwerfen und Direktorin des Instituts für Städtebau und Europäische Urbanistik an der RWTH Aachen.

Schwerpunktthema der Synode waren die Entwicklungen in der Region des Kirchenkreises und die Umsetzung der Treibhausgasneutralität bis 2035. Prof. Christa Reicher von der RWTH Aachen sprach in ihrem Impulsreferat über Zukunftsszenarien für die Region. „Wir müssen schauen, dass die Region in Balance kommt,“ sagte sie mit Blick auf den Kohleausstieg im Jahr 2030 und fragte: „Gibt es eine Identität der Region? Und wenn ja, wie sieht diese aus?“ Das Thema „Erinnerung“ mit Blick auf die Identität durch den Braunkohletagebau sei sehr wichtig für diese Fragestellung. In Bezug auf Nachhaltigkeit sei in der Region im Westen von Köln, die nach dem Ende des Braunkohletagebaus umgestaltet werden soll, der Platz für regenerative Energien zu bedenken. „Wo und wie wird die Energie von morgen produziert?“ Dachflächen, die fünfte Fassade, Wärmedämmung und Geothermie brauchten einen ganzheitlichen Ansatz. Leitlinien hierbei seien, dem Ziel der Klimaneutralität für das Rheinische Revier höchste Priorität zu geben, die Flächen für die Versorgungssicherheit und Energieproduktion zu nutzen und an die Projekte höchste Ansprüche an Ressourceneffizienz und Gestaltqualität zu stellen. Wichtig sei es, Arbeitsplätze zu schaffen, Wohlstand zu gewährleisten, „Schönheit zu bauen“ und dabei die Verkehrswende, Energiewende und Ernährungssicherheit zu berücksichtigen. Markus Zimmermann dankte Prof. Reicher für den Ausblick in die möglichen Zukunftsszenarien. „Das ist nicht mehr lange hin und unsere Region wird sich definitiv stark verändern“, leitete er die anschließende Diskussion ein.

Städtische vs. ländliche Situation: Pfarrer Gebhard Müller und Pfarrer i.R. Hans-Martin Brandt-von Bülow (l.) stellten ihre Sichtweisen gegenüber und berichteten von ihren Erfahrungen.

Pfarrer Gebhard Müller und Pfarrer i.R. Hans-Martin Brandt-von Bülow stellten ihre Sichtweisen in Bezug auf Nachhaltigkeit im städtischen und ländlichen Raum gegenüber und berichteten von ihren Erfahrungen. Gebhard Müller ist Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Bedburg-Niederaußem-Glessen. Er berichtete: „Man kann in der Stadt viel zu Fuß und mit dem Rad machen – aber die Schwierigkeit ist, wenn man in die Dörfer muss. Dann gibt es auch Probleme mit dem öffentlichen Nahverkehr.“ Müller möchte zwar immer weniger Auto fahren, er sehe aber Tag für Tag, wie schwierig es ist, sich ohne Auto zu bewegen – oder eben nicht zu bewegen. Der Autoverkehr steige generell. Man müsse hierfür Konzepte entwickeln. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kirche diskutiert anders“ habe man bereits Kontakte zur Politik ausbauen können. Zur Wohnsituation und Gebäudesituation auf dem Land sagte er: „Wir sind da, glaube ich, auf einem guten Weg, weil wir auch einfach mehr Platz haben. Wichtig ist, im Gespräch zu bleiben.“ Brandt-von Bülow berichtete mit Blick auf die städtische Situation: „Mobilität ist sehr einfach. Das ist kein Problem aus städtischer Sicht. Wir haben trotzdem viele Aufgaben im städtischen Bereich.“ Zum Beispiel in Bezug auf Photovoltaikpotentiale – hier könne man in der Kirche viele Tonnen CO2 sparen.

Dr. Mathias Schoenen, Gemeindepfarrer der Kirchengemeinde Gangelt, Selfkant, Waldfeucht im Kirchenkreis Jülich.

Was kann eine Kirchengemeinde für die Klimagerechtigkeit oder Klimaneutralität auf den Weg bringen? – Dieser Frage ging Dr. Mathias Schoenen, Gemeindepfarrer der Kirchengemeinde Gangelt im Kirchenkreis Jülich nach. Er erklärte am eigenen Beispiel, was eine Kirchengemeinde für Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität auf den Weg bringen kann: „Wir haben uns erst gefragt, welche Gebäude wollen und können wir für die Zukunft behalten.“ So wurde beispielsweise das Pfarrhaus verkauft. Er berichtete weiter: „Es wurde gedämmt und Thermostate ausgetauscht. Das reicht aber nicht aus.“ Geothermie- und Luftwärmepumpen wurden eingebaut, die Heizungsanlage ausgetauscht und vieles mehr. „Wir finanzieren das Ganze aus Verkaufserlösen, Ersparnissen und Fördermaßnahmen.“ Auch Dipl.-Ing. Klaus Armonies, Synodalbeauftragter für Umwelt und Energiefragen Kirchenkreis Krefeld-Viersen, berichtete von Aktionen, die Klimaneutralität anstoßen. Er ermunterte die Kreissynode zu Jobrädern, E-Lastenrädern, E-Autos oder E-Rollern, die man auch unter Mitarbeitenden teilen könne. „Damit unterwegs zu sein, kann wunderbar klappen.“ Doch er warnte auch eindringlich: „Wir können nur noch fünf, vielleicht zehn Jahre umsteuern.“

Bericht des Superintendenten Markus Zimmermann

In seinen Schwerpunkten aus seinem ausführlichen Bericht blickte Superintendent Markus Zimmermann auf die vergangenen zwölf Monate zurück und verurteilte den „verbrecherischen Angriffskrieg des russischen Diktators“ in der Ukraine. Doch neben dem Krieg und seinen Folgen gibt es noch weitere Herausforderungen. „Jetzt kommen vor allem zwei neue schwierige Aufgaben auf die Gemeinden und diakonischen Einrichtungen hinzu: Einerseits Energie auch in unseren Kirchen, Gemeinderäumen und sonstigen kirchlichen Einrichtungen einzusparen und andererseits zumindest in der Fläche Räume zur Verfügung zu stellen, in denen sich Menschen aufwärmen können.“ Gleichzeitig bedeuten die erforderlichen Strukturveränderungen, Kooperations- und Fusionsprozesse sowie die Situation einer bisher so noch nicht gekannten hohen Austrittswelle vor allem in Köln schwierige Herausforderungen.

„Menschen sehnen sich gerade jetzt nach Trost und Stärkung, die wir Kraft des Evangeliums geben können! Wir verfügen über so viele Schätze, Gaben und Fähigkeiten von Menschen, die in unseren Gemeinden haupt- und ehrenamtlich tätig sind, die anderen zu Gute kommen können“, ermutigte er die Zuhörenden. „In unseren Predigten, Gebeten und Angeboten und durch unsere konkrete diakonische Tätigkeit bewirken wir weit mehr als wir selbst manchmal glauben. Unsere Botschaft bleibt aktuell und wichtig. Gott steht auf der Seite derer, die in Not sind.“ Zimmermann lobte ausdrücklich den Ausbau von „Erprobungsräumen“ und das große Tauffest am Rhein. Zudem hob er das diesjährige „Frauenmahl“ genauso positiv hervor wie den EKD-Kirchbautag im September in Köln. Auch die digitale Präsenz von Kirche soll in Zukunft weiter ausgebaut werden. „Wir brauchen die Haltung des Muts mehr denn je“, so Zimmermann an die Kreissynode gewandt.

Neukonzeption der Jugendarbeit in Köln und Region – Integration des kreiskirchlichen Jugendreferates

Ulrike van Lengerich, Leiterin des Jugendpfarramts.

Ulrike van Lengerich, Leiterin des Jugendpfarramtes, stellte das Konzept zur Neustrukturierung der Kinder- und Jugendarbeit in Köln und Region und den vier Kirchenkreisen vor. Ziele seien ein flächendeckendes und professionelles Angebot in der Kinder- und Jugendarbeit in Köln und Region zur Stärkung des Arbeitsbereiches, sowie als Service- und Dienstleistungsangebot für die Gemeinden und Kirchenkreise bereitzustellen. Sie sagte: „Die Jugendreferent*innen arbeiten zu circa 70 Prozent auf regionaler Ebene. Angebote sollen in wesentlichen Teilen der Jugendarbeit der Kirchengemeinden und der regionalen Arbeit zugutekommen. Die Arbeit in den Regionen und in den Fachbereichen sowie die einzelnen Angebote auf regionaler Ebene werden von den jeweils zuständigen Jugendreferent*innen verantwortet. Das neue Konzept orientiert sich an den Regionen der bestehenden vier Kirchenkreise. Dies hat den Vorteil, dass man auf bestehende innerkirchliche Strukturen zurückgreifen kann.“ Die Synode stimmte dem Dienstleistungsrahmenvertrag zu. Das Evangelische Jugendreferat Köln und Region nimmt auf dieser Grundlage seine Arbeit zum 1.1.2023 auf. Weiter beschloss die Kreissynode die Überführung des Jugendreferates Köln-Nord bei gleichzeitigem Übergang des Arbeitsverhältnisses der Jugendreferentin des Kirchenkreises Köln-Nord in das Evangelische Jugendreferat Köln und Region zum neuen Jahr.

Zukunftsplanung Köln und Region

Die Kreissynode hat außerdem über die Planungen zur Zukunft eines linksrheinischen Kirchenkreises beraten. Die Kreissynode beschloss, die Beratungen mit den beiden Kölner Nachbarkirchenkreisen Köln-Mitte und Köln-Süd zur Gründung eines linksrheinischen Kirchenkreises fortzusetzen. Superintendent Markus Zimmermann lobte die bisherigen Pläne und sprach von einem „Dreamteam“. In 2023 sollen Grundsatzbeschlüsse durch die Kreissynoden erfolgen. Für Januar2026 ist die Gründung des Kirchenkreises Köln-Linksrheinisch geplant. Es werde ein großer Kirchenkreis, sagte Zimmermann mit Blick auf die Zukunft.

Superintendent Markus Zimmermann und Synodalassessorin Monika Crohn haben im Rahmen der Vorbereitungen der Fusion auch die Konzeption des Kirchenkreises Köln-Nord aktualisiert. Die Kreissynode stimmte dieser zu. Mittelfristig wird für die drei linksrheinischen Kirchenkreise eine gemeinsame Konzeption entwickelt.

Finanzen

Der Jahresabschluss 2021 des Kirchenkreises weist einen Überschuss in Höhe von 258.487,14 Euro aus. Wie in den Vorjahren sollen wieder rund 10% des Haushaltsüberschusses gespendet werden. 12.100 Euro gehen daher als Spende je zur Hälfte an die Tafel Köln und die Tafel Rhein-Erft und

12.100 Euro an das Projekt des Kirchenkreises Moers zugunsten einer Armenspeisung in Ägypten. Der Restbetrag wird an die Kirchengemeinden des Kirchenkreises Köln-Nord nach dem Kirchensteuerverteilschlüssel 2021 ausgezahlt.

Außerdem beschloss die Kreissynode einen Doppel-Haushaltsplan für die Jahre 2023 und 2024. Die Verwendung der so genannten 5%-Mittel reicht bis zum Jahr 2025. Danach ist über die Weiterführung der 5%-Mittel vom fusionierten Kirchenkreis zu entscheiden. Aus diesen Mitteln wird ein 25%-Pfarrstellenanteil „Digitalisierung und digitale Kirche“ finanziert. Dieser soll von Pfarrer Nico Buschmann aus der Ev. Kirchengemeinde Bickendorf übernommen werden. In den Jahren 2026 und 2027 soll dieser Arbeitsbereich aus der allgemeinen Rücklage finanziert werden.

Für das Haushaltsjahr 2023 plant der Kirchenkreis mit Einnahmen in Höhe von 1.383.814,00 EUR und für das Jahr 2024 in Höhe von 1.390.845,00 Euro. Die Haushalte der beiden Jahre können mit einer Rücklagenentnahme für eine Vertretungskraft der Jugendreferent*in in Höhe von 16.978 Euro für 2023 und 12.376 Euro für 2024 ausgeglichen aufgestellt werden. Die Synode stimmte dem Doppelhaushalt zu.

Personalia

Pfarrerin Ronja Voldrich aus der Trinitatis-Kirchengemeinde an der Erft.

Die Kreissynode wählte Pfarrerin Ronja Voldrich aus der Trinitatis-Kirchengemeinde an der Erft zur 2. Stellvertretenden Skriba. Sie folgt auf Pfarrer Hans-Martin Brandt-von Bülow, der in den Ruhestand gegangen ist. Außerdem berief die Kreissynode Dr. Jörg Heyer aus der Clarenbach-Kirchengemeinde Köln-Braunsfeld und Achim Willgeroth aus der Kirchengemeinde Köln-Mauenheim-Weidenpesch in den Finanzausschuss des Kirchenkreises.

Die Kreissynode beschloss außerdem die Vorschlagsliste für die Besetzung der Synodalbeauftragungen. Superintendent Markus Zimmermann ist jetzt Synodalbeauftragter für die Begleitung der Prädikant*innen, Pfarrerin Friederike Fischer für den Kirchlichen Unterricht und Pfarrer Dr. Matthias Engelke für Ökumene und Weltverantwortung. Die Synodalbeauftragung für Kirchlichen Entwicklungsdienst entfällt. Die Mitgliedschaft in der ,,Regional Group‘‘ der VEM haben Pfarrer i. R. Hans-Martin Brandt-von Bülow und Sammy Wintersohl übernommen.

Kirchenkreis Köln-Nord

Den Kirchenkreis Köln-Nord gibt es seit 1964 nach Teilung des alten Kirchenkreises Köln in vier Kirchenkreise. Gemeinsam mit den ihm angeschlossenen fünfzehn Kirchengemeinden gehört er zur Evangelischen Kirche im Rheinland. Die nächste Kreissynode findet digital am 31. Mai 2023 um 18.30 Uhr statt – als Vorbereitung der bevorstehenden Fusion der linksrheinischen Kirchenkreise. Die Herbstsynode ist für den 4. November 2023 geplant. Hier sollen die finalen Beschlüsse bezüglich der gemeinsamen Fusion der linksrheinischen Kirchenkreise in Köln gefasst werden.

Text: Frauke Komander/Sammy Wintersohl/APK
Foto(s): Frauke Komander/Sammy Wintersohl/APK

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