„Karneval ist ein Botschafter für ein Leben in Respekt und Frieden“ – Karnevalsgottesdienst mit Stadtsuperintendent Bernhard Seiger
„Was wir im Karneval leben und feiern ist doch genau das: Dass wir endlich kapiern, dass wir alle gleich sind. Dass die Liebe gewinnt. Dass Freude und Musik Grenzen überwinden. Dass die Gewalt von Krieg und Zerstörung, von einem sinnlosen Angriffskrieg mit Humor und Umarmen und einem echten Ansehen des Gegenübers und eben leider auch mit Waffen überwunden werden“, sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger beim Karnevalsgottesdienst im Kölner Dom im Januar.
Lesen Sie hier den Wortlaut:
„Leev Karnevalsjecke,
liebes Dreigestirn, liebes Kinderdreigestirn,
liebe Schwestern und Brüder,
schön, dass wir wieder da sind!
An vertrautem Ort und mit vertrauten Menschen. Und mit vielen. Wie wir uns fühlen in dieser besonderen Zeit, kann wohl am besten Musik erfassen.
Brings hat 2017 den Song „Liebe gewinnt“ herausgebracht. Kennt Ihr dat Lied? Wer kennt et? Die Hände zum Himmel, wer´s kennt.
Die Worte gehen unter die Haut. Das Video dazu erst recht. Es ist, als ob das Lied im Frühjahr 2022 mit Kriegsbeginn geschrieben worden wäre.
„Komm mach den Fernseher aus
Und rutsch ′was näher zu mir
Der ganze Wahnsinn bleibt heut‘
Vor uns′rer Tür
Auch wenn es hoffnungslos scheint
Und die ganze Welt weint
Du hältst zu mir
Und wir beten dafür
Dass ’n Wunder passiert
Und wir endlich kapier’n
Dass wir alle gleich sind
Und nur die Liebe gewinnt
Wir – werden – frei – sein
Wenn – wir – uns – lieben
Es – wird – vorbei – sein
Mit all den Kriegen
Wir sind Brüder
Wir sind Schwestern
Ganz egal wo wir sind
Glaub mir
Die Liebe gewinnt.“
Da sind im Video die Bilder von einem Schützengraben zu sehen, von Soldaten, die einen Kameraden retten.
Von Menschen mit Angst im Gesicht.
Und dann als Kontrast:
Spielende Kinder, Lachen, Freude, Hineinspringen in einen Teich an einem sonnigen Tag.
Lebensfreude pur!
Das ist das Gegenbild, von dem Brings singen. Leben soll anders sein und es kann anders sein.
Was wir im Karneval leben und feiern ist doch genau das:
Dass wir endlich kapiern, dass wir alle gleich sind.
Dass die Liebe gewinnt.
Dass Freude und Musik Grenzen überwinden!
Dass die Gewalt von Krieg und Zerstörung, von einem sinnlosen Angriffskrieg mit Humor und Umarmen und einem echten Ansehen des Gegenübers (und eben leider auch mit Waffen) überwunden werden.
Wer will schon einem Bruder, einer Schwester Schaden zufügen? Was für ein Irrsinn.
Wir – werden – frei – sein
Wenn wir uns lieben
Es wird vorbei sein
Mit all den Kriegen
Wir sind Brüder
Wir sind Schwestern
Ganz egal wo wir sind
Glaub mir
Die Liebe gewinnt.
Das ist doch genau das, was Jesus den Menschen seiner Zeit und uns im Jahr 2023 in der Bergpredigt auf den Weg gibt.
„Selig sind die, die Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
Es wird vorbei sein mit den Kriegen.
Manche sagen, das ist eine Utopie. Utopie heißt, das wird nie so sein.
Nein, Christenmenschen glauben, das ist die Verheißung Gottes für unser Leben.
Und der Mann aus Nazareth ist mit seinem Leben und mit seinem Sterben dafür eingetreten, dass die Liebe gewinnt!
So wird es sein. Die, die auf Gewalt, Hass und verachtende Worte setzen, werden am Ende nicht Recht behalten,
Am Ende wird sich die Liebe durchsetzen, weil Gott uns die Liebe aufgegeben hat und weil alleine sie auf die Dauer uns Menschen voran bringt.
Wir sind frei geschaffen und es liegt an uns Menschen, ob wir das Böse einhegen und die Liebe mehr Raum bekommt oder nicht.
Jeder von uns ist an seinem und ihrem Ort ein Teil davon.
Der Karneval übt diese Zukunft ein: das Spielerische, die Freiheit, das weite Herz.
Und so war es das Beste, was vor einem Jahr ganz kurzfristig das Festkomitee entschieden hat: Wir machen aus dem Rosenmontagszug eine riesige Friedensdemo, deren Botschaft für unsere Stadt Köln steht und die weit in der Republik wahrgenommen wird. Ich habe das bunte Bild – mit Brings und Friedenstauben – auf dem Chlodwigplatz noch vor Augen.
So kann der Karneval ein Botschafter für ein Leben in Respekt und Frieden in Freiheit sein. Das üben wir ein, jeden Tag!
Peter Brings singt in weiteren Strophen:
„All der Hass und die Lügen im Netz
Die interessieren mich nicht
Wir zwei, wir sind echt
Wir sind wirklich und hier
Komm, fass mich mal an
Und dann schwöre ich dir
dass ein Wunder passiert.
Lass sie alle reden
Die Hoffnung macht uns stark!
Doch es kommt der Tag
An dem die Kriege aufhör′n
Das macht doch alles keinen Sinn
Weil wir alle Kinder
Derselben Mutter sind
Wir werden frei sein
Wenn wir uns lieben
Es wird vorbei sein
Mit all den Kriegen
Wir sind Brüder
Wir sind Schwestern
Ganz egal wo wir sind
Glaub mir
Die Liebe gewinnt“
So ist es toll, dass wir in diesem Jahr „ov krüzz oder quer“ 200 Jahre Kölner Karneval feiern! Dass wir uns die Bilder und Geschichten aus dieser langen Zeit anschauen. Heute wissen wir auch, wo der Kompass der Karnevalisten nicht gestimmt hat:
In den Kriegszeiten, in der Nazizeit, gegenüber den jüdischen Mitbürgern. Das können wir heute nüchtern ansehen und darstellen.
Ja, auch Karnevalisten sind Kinder ihrer Zeit und können irren.
Wichtig ist, ehrlich und kritisch darauf zu sehen.
Auch die Protestanten haben sich lange mit dem Karneval schwer getan. Da waren sie eher Preußen, als dass sie Kölsche waren. Auch wir können dazulernen und heute mit Überzeugung sagen:
Ja, Karneval und die Botschaft Jesu von Liebe, Respekt für Vielfalt und von der Sehnsucht nach Verständigung über alle Grenzen und Frieden gehen zusammen.
So wir unsere Kirchen, alle Kirchen, auch für Respekt und Liebe, für Treue zum Evangelium, also zur frohen Botschaft und für den Zuspruch von Freiheit stehen können: Wir tun das immer, wenn wir bei unserem Ursprung und der Botschaft Jesu bleiben.
Ich wünsche Euch eine gesegnete Zeit, wache Augen für den Nächsten und viel Freude am Leben, an der Gemeinschaft und am Karneval.“
Hier finden Sie den Artikel zum Karnevalsgottesdienst:
Text: APK
Foto(s): Henning Schoon
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