Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland setzt Zeichen für Frieden und die Zukunft

Nach sechstägigen Beratungen ist die diesjährige Tagung der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) beendet. Das oberste Leitungsgremium, dem mehr als 20 Vertreterinnen und Vertreter aus Köln und Region angehören, hat seit Sonntag über zahlreiche Vorlagen und Kirchengesetze diskutiert. Das Schwerpunktthema „Sensibel für Vielfalt, offen für Gott – Bildung. Evangelisch. Frei.“ bestimmte den Auftakt der Synode. Die Landeskirche hat hier für die Zukunft ihrer Bildungsarbeit vier Schwerpunkte gesetzt: vielfaltssensible Bildung fördern, vernetzte Bildungslandschaften gestalten, Religionslehrerinnen und -lehrer von Anfang an unterstützen und religiöse Bildung in Familien stärken.

„Auf der Landessynode ist einmal mehr deutlich geworden: unsere Kirche ist „bildungsreich“: Mit vielfältigen Angeboten für Menschen aller Generationen sind wir auch im Bildungsbereich präsent. Und da spielen wir in Köln und Region eine herausragende Rolle mit unserer Präsenz in Kitas, Schulen, der Familienbildungsstätte und der Melanchthon-Akademie“, sagte Markus Zimmermann, Superintendent im Evangelischen Kirchenkreis Köln-Nord, mit Blick auf das Schwerpunktthema. „Gerade in Zeiten der Entfremdung von Kirche erreichen wir Menschen mit unseren Bildungsangeboten weit über die Kerngemeinde hinaus. Digitale Angebote erweitern und vergrößern dann noch die Zielgruppen. Wir leisten einen unverzichtbaren gesellschaftlichen Beitrag!“

Miriam Haseleu, stellvertretende Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte und Mitglied der Kirchenleitung ergänzt: „Eindrücklich war: Bildungslandschaften sind weit und vielfältig und die EKiR engagiert sich von der frühkindlichen Bildung bis ins hohe Alter hinein für Bildung. Um Bildungsangebote wirksam und zukunftsweisend zu gestalten, braucht es eine gute Vernetzung mit anderen Bildungsträgern und auch mit sozialen Einrichtungen und Institutionen sowie ein Bewusstsein dafür, welche Themen besonders wichtig zu bilden sind. Mir ist deutlich geworden, dass das Mitmachen gemeinsam mit anderen in der Bildungslandschaft für unsere Wirksamkeit als Bildungsträgerin entscheidend ist, und dass es wichtig und gut ist, immer wieder auf in unserer Gesellschaft tabuisierte Themen einzugehen.“

Arbeitszeitregelung für den Pfarrdienst

Aus ihrer Sicht waren die Arbeitszeitregelung für den Pfarrdienst, Finanzen, der Ukraine-Krieg, die Situation von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen und das kirchliche Engagement zur Bewahrung der Schöpfung weitere wichtige Themen auf der Synode. Außerdem ging es bei den Beratungen der Synode unter anderem um eine Arbeitszeitregelung im Pfarrdienst. Darauf haben sich die Synodalen aus 37 Kirchenkreisen zwischen Niederrhein und Saarland nach einer leidenschaftlichen Diskussion mit großer Mehrheit geeinigt. Demnach beläuft sich die durchschnittliche Wochenarbeitszeit künftig in Vollzeit auf 41 Stunden. Zudem beschäftigte sich das Gremium mit Finanzfragen. Die Änderung der Arbeitszeiten hatte die Synode mit großer Mehrheit angenommen.

„Zweifellos wird die Entscheidung, die Arbeitszeiten im Pfarrdienst auf 41 Stunden zu begrenzen, eine von zwei wichtigen Entscheidungen dieser Synode, die die Gemeinden und Kirchenkreise am meisten betreffen werden“, sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger. „Die Regelungen setzen den Weg des Arbeitsschutzes auch im Pfarrdienst fort und erfordern, dass in den Dienstvereinbarungsgesprächen noch mehr als bisher ehrlich darauf gesehen wird, was getan und was gelassen wird. Diese Klärungen sind nötig, um auch bei abnehmender Personalressource im Pfarrdienst ein Berufsleben lang gesund, beweglich und fröhlich sein zu können. Ich vertraue sehr auf unsere Kultur und unsere Presbyterien, die verantwortungsvoll mit der Aufgabe umgehen werden. Es wird bei unseren Kolleginnen und Kollegen sicher keine Stechuhr-Mentalität geben, weil sie alle mit Liebe zur Gemeinde und ihrem Aufgabenbereich und zu den Menschen unterwegs sind.“

Friedenswort

In der Diskussion um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Synode deutliche Kritik an der Russisch-Orthodoxen Kirche geübt und zugleich klargestellt, dass Verhandlungen das wichtigste Mittel auf dem Weg zum Frieden sind. „Wir verurteilen die fortgesetzte Instrumentalisierung und den Missbrauch der Religion durch das Moskauer Patriarchat der Russisch-Orthodoxen Kirche als Gotteslästerung und lehnen jede Form einer theologischen Rechtfertigung dieses Angriffskrieges ab“, heißt es in dem friedensethischen Wort, das die Landessynode verabschiedet hat. Zudem dürfe die große Aufmerksamkeit, die nun auf dem Krieg in der Ukraine liege, nicht dazu führen, dass andere Konflikte und Flüchtende aus anderen Regionen der Welt in Vergessenheit geraten.

„Das Friedenswort lebt davon, dass wir die Verantwortung für den Schutz der Opfer des russischen Angriffskriegs ins Zentrum der Diskussion über die Mittel machen. Statt lähmender Grundsatzdebatten über Waffenlieferungen werden die Fragen dann ganz konkret“, sagte der Journalist Arnd Henze aus Köln, der Mitglied der Landessynode ist und das Friedenspapier im Ausschuss für öffentliche Verantwortung mit geprägt hat. „Und zur Antwort gehören Feuerwehr- und Rettungsfahrzeuge. Aber eben auch Flugabwehrsysteme, die diese Raketen abfangen, bevor sie gezielt in Wohnhäusern weit ab der Front einschlagen. Diesen Perspektivwechsel finde ich enorm wichtig.“

Auch wenn die Debatte in den Ausschüssen sehr lebendig und teilweise auch kontrovers war, für die Synode ist unstrittig, dass gemäß UN Charta Artikel 51 die Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung gegen den Aggressor Russland hat. Das schließe auch das Recht auf eine angemessene Nothilfe ein. So heißt es in der Erklärung: „Wir erkennen die Notwendigkeit, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die unmittelbar dem Schutz von Wohngebieten und ziviler Infrastruktur dienen. So unstrittig diese konkrete Solidarität mit den Opfern in diesem Krieg ist, so kontrovers diskutieren wir auch in unserer Kirche darüber, welche Mittel zur Unterstützung der Ukraine geeignet und ethisch zu rechtfertigen sind. Wir tun das in dem Bewusstsein, dass jede Entscheidung zur Befürwortung oder Ablehnung von Waffenlieferungen in die Übernahme von Schuld führt und auf Vergebung angewiesen ist.“

„Wir haben um dieses Friedenswort wirklich sehr hart gerungen – uns am Ende zu diesem wirklich guten gemeinsamen Wort durchgerungen“, bilanziert Henze. „Ich bin froh, dass wir diesen Weg auf der Synode gemeinsam gegangen sind. Das sendet auch ein Signal: Wenn es einem wirklich um die Sache und vor allem um die Menschen geht, kann ehrlicher Streit auch gelingen und damit auch einen Beitrag zum Zusammenhalt in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft leisten.“

Klimagerechtigkeit

Ab dem Jahr 2035 möchte die Die Evangelische Kirche im Rheinland nur noch Gebäude betreiben, die netto treibhausgasneutral sind. Damit setzt die zweitgrößte Landeskirche in Deutschland ein Zeichen zur Bewahrung der Schöpfung. Der Beschluss mit dem Titel „Das geht! Klima.Gerecht.2035“ stellt fest: „Wir haben die Verantwortung vor Gott zur Bewahrung der Schöpfung nicht ausreichend wahrgenommen und damit Lebenschancen der nachkommenden Generationen verspielt. Im Vertrauen darauf, dass Gott seiner Schöpfung treu ist, kehren wir um. Mit seiner Hilfe setzen wir jetzt notwendige Schritte konsequent um.“

„Das zeigt, dass wir uns der Herausforderung unsere Gebäude treibhausgasneutral zu betreiben mit Entschlossenheit, aber auch Zuversicht stellen“, sagte Susanne Beuth, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte. „Der erste Meilenstein auf dem Weg ist, dass bis spätestens 2027 alle Gemeinden entschieden haben, welche Gebäude sie dauerhaft betreiben wollen und können. Bis dahin müssen alle Baumaßnahmen vom jeweiligen Kreissynodalvorstand genehmigt werden, damit kein Geld mehr in Gebäude fließt, die wenig später aufgegeben werden.“ Hierzu merkte Bernhard Seiger, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region und Superintendent des Kirchenkreises Köln Süd, an: „Diese Aufgabe wird uns alle sehr in Anspruch nehmen, sie ist sinnvoll, aber kompliziert zu lösen. Es ist klar: Diese Aufgabe wird auf der Kirchenkreisebene gesteuert werden müssen.“

Doch auch die aktuelle politische und gesellschaftliche Situation in Bezug auf Klimagerechtigkeit nahm die Synode in den Blick. Die Rheinische Kirche forderte ein sofortiges Moratorium für den Kohleabbau in Lützerath und verabschiedete Thesen zur Situation und zum Handeln in Bezug auf die Energiekrise, Inflation und Armut in Deutschland.

Neue Kirchenordnung

Außerdem hat die Landessynode eine neue Kirchenordnung beschlossen. Diese Verfassung der Evangelischen Kirche im Rheinland wird durch die umfassendste Überarbeitung in ihrer knapp 75-jährigen Geschichte von bisher 170 auf künftig nur noch 79 Artikel reduziert. Notwendige Detail- und Verfahrensregelungen werden in ein neues Kirchenorganisationsgesetz (KOG) ausgelagert. Zahlreiche Vorschriften ließen sich auch bündeln. Andere Passagen wiederum waren überholt und konnten ersatzlos gestrichen werden. Die Änderung der Kirchenordnung tritt jedoch erst im März 2024 in Kraft, damit weitere Gesetze noch an die Neuregelungen angepasst werden können.

Mitglied des Ständigen Ausschusses für Kirchenordnung und Rechtsfragen ist Torsten Krall, seit Sommer 2022 Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch. „Meine erste Synode – und dann ausgerechnet in Düsseldorf! Man könnte aber auch sagen: Meine erste Synode – und dann ausgerechnet eine neue Kirchenordnung, sprich eine neue Verfassung“, zog er am Freitag eine persönliche Bilanz der Sitzungswoche. „Sie hält fest, in welcher Art von Kirche wir zusammen sind, bei uns zum Beispiel in einer demokratischen, die von unten nach oben organisiert ist. Die neue Kirchenordnung ist deutlich schlanker geworden. Damit unsere Kirche beweglicher wird und noch einfacher Neues ausprobieren kann. Zum Beispiel ist schon im Blick, wie die Leitungen des Kirchenkreises, die Kreissynodalvorstände, anders zusammengesetzt werden können, wenn Kirchenkreise sich zusammenschließen, so wie das im linksrheinischen Köln geplant ist. Aber auch neue Ideen zu Abendmahl und Taufe wurden schon diskutiert. Das Jahr bis zur nächsten Landessynode wird jetzt genutzt, aus den Ideen konkrete Regelungen zu machen, die es für alle einfacher machen.“

Finanzen

Mehr Einnahmen bei den Kirchensteuern, aber auch höhere Ausgaben durch die Inflation, steigende Energiepreise und mehr Aufwendungen beim Personal, das präsentierte Oberkirchenrat Henning Boecker in seinem Finanzbericht auf der Landessynode. „Im Finanzausschuss, dem ich vorsitze, hatten wir eine Premiere“, sagte Superintendent Markus Zimmermann. „Zum ersten Mal hat die Landessynode einen Doppelhaushalt beschlossen.“ Für das laufende Jahr rechnet Oberkirchenrat Henning Boecker mit einem Kirchensteuerverteilbetrag in Höhe von 781 Millionen Euro. Bei der Planung des Haushalts 2023/2024 im vergangenen Juni waren die Fachleute noch von einer geringeren Summe ausgegangen. Auf deren Basis – 764 Millionen Euro – sind der Haushalt und alle Umlagen geplant worden.

Die Summe der Ausgaben nach dem Haushaltsplan 2023 beträgt rund 584 Millionen Euro, das sind rund 40 Millionen Euro mehr als im Jahr 2022. Ein Viertel dieser Summe wird für die Pfarrbesoldung benötigt. 15 Prozent oder 87 Millionen Euro werden im Rahmen des Finanzausgleichs zwischen den Kirchenkreisen verteilt. Der landeskirchliche Haushalt, aus dem die Aufgaben auf der Ebene der Landeskirche finanziert werden, beträgt rund 300 Millionen Euro. Knapp 30 Prozent werden für unterschiedliche Aufgaben der Bildung verwendet, insbesondere für die Finanzierung der landeskirchlichen Schulen. Von allen Tätigkeitsfeldern der Landeskirche ist das der Bildung mit Abstand das größte.

Frau. Leben. Freiheit

Höhepunkt der Landessynode 2023 war nach der Meinung von vielen Delegierten das Politische Nachtgebet in Solidarität mit den Menschen im Iran. Zu den vielen Frauen, die in dem Land ihre Stimme erheben sagte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger: „Sie kämpfen unter dem Motto „Frau. Leben. Freiheit“ für ihre Rechte und brauchen weltweite Aufmerksamkeit. Sie ermutigt sie auch bei stärksten Bedrohungen durchzuhalten. Der Abend, für den Frau Haseleu und Frau Oberkirchenrätin Janssen verantwortlich waren, berührte mit Wort, Musik, Stille, Gebeten Bildern und Kerzen. Ich fand, hier war die Synode geistlich und mit Herz zusammen und spürbar.“

Dem schlossen sich auch Superintendentin Susanne Beuth und die Superintendenten Markus Zimmermann und Torsten Krall an. „Für mich war der Höhepunkt der Synode das Politische Nachtgebet in Solidarität mit den Demonstrierenden im Iran. Es war sehr berührend, politisch und spirituell“, sagte Susanne Beuth. Markus Zimmermann stellte fest: „Besonders berührt hat mich das spontane politische Nachtgebet zur Problematik der Unterdrückung der Menschen im Iran. Besonders Frauen haben schrecklich darunter zu leiden. Den Blick darauf zu lenken, an die Menschen zu denken und für sie zu beten, war und ist sehr wichtig. Hier hat die Landessynode ein deutliches Zeichen der Solidarität gesetzt.“

Miriam Haseleu sagte im Rückblick auf dem Abend in der St. Albertus Magnus Kirche in Düsseldorf: „Das Politische Nachtgebet in der Tradition von Dorothee Sölle in der Gemeinschaft mit iranischen Frauen zu konzipieren und zu feiern, hatte für mich eine besondere tiefe und geistliche Dimension. Ich bin sehr bewegt vom Mut der Protestierenden im Iran und der großen solidarischen Kraft in unserem Nachtgebet.“ Hierzu ergänzte Markus Zimmermann: „Dass die Landessynodalen inklusive Kirchenleitung zu einem politischen Nachtgebet aufrufen, davon hätte die „Erfinderin“ in Köln, Dorothee Sölle, seinerzeit von der Kirchenleitung wegen dieses Gottesdienstformates heftig kritisiert, nur träumen können. Ein wenig war das Nachtgebet am Mittwoch voller Dankbarkeit und Bewunderung für sie, für mich auch ihr gewidmet, zumal im Jahr ihres 20. Todestag.“

Für Superintendent Torsten Krall, der das erste Mal auf einer Landessynode als Vertreter seines Kirchenkreises war, hat neben diesem Abend aber auch die gesamte Synode wichtige Eindrücke hinterlassen. „Es war meine erste Synode. So viele neue Eindrücke habe ich bekommen, dass sie mich noch lange begleiten werden. Am meisten beeindruckt hat mich die besondere Atmosphäre. Obwohl ich ein Neuling gewesen bin, hat sich bei nahezu jeder Gelegenheit sofort ein Gespräch zu anderen Synodalen ergeben. Und nahezu sofort übersprang man die Phase des unverbindlichen Austausch und es ging um Wesentliches:  spannende theologische und politische Diskussionen mit offenem Visier und vollem Verständnis, theologischer Tiefgang, Persönliches aus dem eigenen Leben. Es ist gut zu wissen, dass viele ganz besondere Menschen in unserer Kirche Verantwortung übernehmen!“

Die Evangelische Kirche im Rheinland ist mit mehr als 2,2 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte der 20 Gliedkirchen der EKD. Sie erstreckt sich über Teile von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und des Saarlands. Oberstes Beratungs- und Entscheidungsorgan ist die Landessynode. Sie tagt in der Regel einmal im Jahr, um über allen wichtigen Fragen zu beraten und zu entscheiden, die für die ganze Landeskirche relevant sind.

Text: ekir.de / Sammy Wintersohl
Foto(s): Sammy Wintersohl

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