Dinner in White: Mitbringen, einbringen, teilen

„Wir wollten etwas Kreatives und Besonderes – und den gemeinschaftlichen Teil auf ein anderes Level heben“, sagt Presbyter Jörg Henrichs. Zum dritten Mal eröffnete er  das „Dinner in White“ vor der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche in Köln-Junkersdorf. Währenddessen saßen die Kinder bereits zum Herunterkühlen im Pool.

„Es geht darum, nicht nur Bons zu kaufen und irgendetwas zu konsumieren. Wir wünschen uns feine Kommunikation, kreative Ideen, gutes Essen und ein echtes Miteinander. Hier lässt man sich nicht bedienen, man bringt mit, bringt sich ein und teilt.“

„Man lässt sich nicht bedienen. Man teilt.“

Als besonderen Event zum 50-jährigen Jubiläum der Gemeinde vor vier Jahren hatte ein Gemeindemitglied das gemeinsame Dinner an langen Tischen entlang der abgesperrten Straße vor der Kirche vorgeschlagen und damit durchschlagenden Erfolg. So lange bis mit Rücksicht auf die Nachbarschaft abgebaut werden musste, feierten rund 150 Gäste „ganz in Weiß“ mit eigenen Essenskreationen und (glücklicherweise gekühlten) Getränken.

Für Pfarrerin Regina Doffing ist das Dinner „… eine wunderbare Eröffnung des Festes am Sonntag, das eigentlich mehr ein Dorffest geworden ist.“ Seit 1995 wird im jährlichen Wechsel mit der katholischen Gemeinde St. Pankratius gefeiert. „Die Begegnungen sind das wichtigste. Es steht und fällt aber alles mit der Hilfe und dem Engagement vieler Einzelner.“

In diesem Fall kam die Unterstützung vor allem aus dem Presbyterium, dem Pfarrgemeinderat, aus der katholischen Gemeinde, von Vereinen, wie der Maigesellschaft Junkersdorf e.V., der Dorfgemeinschaft, der kfd Junkersdorf, den Kindergärten und der Übermittagsbetreuung der Gemeinde.

Dorffest für alle

Der Gospelchor unter der Leitung von Robin Moll sang schon beim Dinner. Am Sonntag waren neben dem Familiengottesdienst mit Taufe, eine Kirchenführung, Spielstationen, die Tanzgruppe des Veedels und eine große Tombola die Hauptprogrammpunkte. Der Erlös des Gewinnspiels hilft bei der Finanzierung des neuen Klettergerüsts für die Schulkinder im Gemeindegarten.

Für Jörg Henrich sind das Fest und vor allem der weniger „wirbelige“ Abend davor, die perfekte Gelegenheit, neue Nachbarn überhaupt erst einmal kennenzulernen – oder die alten noch besser. „Konfessionen spielen dabei keine Rolle“, meint er. Er ist begeistert von dem „niederschwelligen Angebot, das Menschen aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammenbringt“. Sollte die katholische Gemeinde im kommenden Jahr nicht etwas Ähnliches anbieten, wird das „Dinner in White“ wieder in zwei Jahren vor Ort stattfinden. Henrich freut sich darauf: „Bringt nächstes Mal noch mehr Freunde mit! Egal, woher.“

Text: Claudia Keller
Foto(s): Claudia Keller

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Notfallseelsorge: „Sie müssen keine Helden sein…“

Notfallseelsorge: „Sie müssen keine Helden sein…“„… obwohl Sie es sind.“

Dass Notfallseelsorge keine Randaufgabe der Kirchen, sondern ein „heldenhafter“ Dienst und konkrete Liebe zum Nächsten sind, drückte Superintendent Markus Zimmermann unmissverständlich im Rahmen eines Entsendungsgottesdienstes in der Katholischen St.-Maria-Kirche in Frechen aus. Gemeinsam mit Kreisdechant Achim Brennecke beauftragte er 15 frisch ausgebildete Notfallseelsorger mit ihrer neuen Aufgabe in den Bereichen der Stadt Köln, des Rhein-Erft-Kreises und des Rheinisch-Bergischen Kreises.

„Was Sie tun, ist da sein“

„Ihre Aufgabe ist der Kern unseres Glaubens“, fasste Zimmermann zusammen. „Und Sie müssen eine Menge aushalten“, ergänzte er. Der Einsatz von Notfallseelsorgern ist grundsätzlich dort, wo andere Menschen ebenfalls gerade viel aushalten müssen, und sie nehmen eine der elementarsten Aufgaben wahr, wenn es darum geht, Beistand im furchtbaren ersten Moment zu leisten: „Was Sie tun, ist dann da sein.“

Pfarrer Holger Reiprich arbeitet seit rund 25 Jahren in der Feuerwehr- und Notfallseelsorge. Für ihn war es wichtig, „seinen“ Auszubildenden bei ihrer Entsendung noch einmal ins Gesicht schauen zu können, sagt er. Knapp zwei intensive und persönlich verbindende Jahre verbringen er und sein Kollege, Gemeindereferent Michael Meichsner damit, Freiwillige kennenzulernen, sie erst theoretisch und dann an in der Praxis an ihre Aufgabe heranzuführen. Reiprich hilft den Kandidaten, in Ruhe ein Gefühl dafür zu bekommen, worum es in der Notfallseelsorge wirklich geht. „Das reine Wissen über Gesprächsführung und darüber, was ein Betroffener braucht, sagt noch nichts über die eigenen Fähigkeiten im akuten Einsatz aus.“ Entschieden wird deshalb erst am Ende der Ausbildungszeit, wer tatsächlich tätig wird.

„Ein Gefühl für die Aufgabe bekommen“

Ausgelöst durch die Erfahrungen mit größeren Unglücks- und Katastrophenfällen in der Vergangenheit wurde 1993 die Notfallseelsorge im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region ins Leben gerufen. Nach dem verheerenden Zugunglück im Jahr 2000 in Brühl wurde sie zusätzlich regional stark erweitert. „Mehrere Menschen kamen hier ums Leben und zahlreiche wurden verletzt“, erinnert sich Pfarrer Reiprich. Auch Anwohner waren betroffen. „Es wurde klar: Wir brauchen für solche Situationen verlässliche Strukturen.“

Aktuell beginnt alle zwei Jahre ein neuer Ausbildungszyklus. Einmal im aktiven Einsatz, stehen die geschulten Seelsorger für rund 600 Stunden pro Jahr zur Verfügung, begleiten Menschen nach plötzlichen Todesfällen, Verkehrsunfällen oder werden zu Großunglücken gerufen.

Notfallseelsorge: der lebendige Beweis für soziale Netzwerke

Wer tatsächlich dafür geeignet ist, zeigt sich oft erst später, im ersten Auswahlverfahren sind es jedoch greifbare Anhaltspunkte, auf die Reiprich und Meichsner achten: „Menschliche Reife bzw. eine ordentliche Portion Lebenserfahrung sind wichtig“, erklärt Ausbilder Holger Reiprich. „Das Mindestalter von 25 Jahren unterschreiten wir nicht, denn Krisenerfahrung, sprich eine gewisse „Feldkompetenz“ sollte ebenfalls gegeben sein. Mir ist es wichtig, dass meine Leute eine Idee davon haben, was im Einsatz passieren kann – dazu braucht es Erfahrungswerte, auf die man zurückgreifen kann.“ Nicht nur aus formalen Gründen sind die auszubildenden Frauen und Männer evangelisch oder katholisch und in ihren Kirchen auch entsprechend verwurzelt: „Wir erwarten, dass sie auch spirituellen Beistand leisten und Verabschiedungen vornehmen können.“ Die beiden christlichen Kirchen der Region übernehmen die Kosten der Ausbildung und bauen im Anschluss daran im Gegenzug auf eine mindestens zweijährige Einsatzzeit vor Ort.

Dass Konfessionen im konkreten Einsatz aber unwichtig sind, findet Markus Zimmermann bemerkenswert und positiv. In seinen Augen erweist sich die Notfallseelsorge damit als funktionsfähiges und ganz reales soziales Netz. „Sie sind der lebendige Beweis, dass soziale Netzwerke keine Erfindung der virtuellen Welt sind. Wir sind dankbar für Ihren Dienst. Gott gebe Ihnen die Kraft, die Sie dafür brauchen!“

Mehr Informationen über die Kölner Notfallseelsorge finden Sie hier: https://koeln-notfallseelsorge.de

Text: Claudia Keller
Foto(s): Claudia Keller

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„Ein klares Bekenntnis ablegen gegen rechte Tendenzen“ – Entpflichtung von Stadtsuperintendent Rolf Domning durch Präses Manfred Rekowski




























Die Kartäuserkirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Einige Besucherinnen und Besucher saßen auf schnell herangeschafften Stühlen sogar im Gang. Der scheidende Stadtsuperintendent Rolf Domning wurde entpflichtet. Dafür war Präses Manfred Rekowski aus Düsseldorf gekommen.

 

„Geistliche Waffenrüstung”

Rolf Domning predigt über die „geistliche Waffenrüstung”

Domning geht Ende Juli in den Ruhestand. Als Predigttext hatte er Epheser 6, 10 – 17, für seinen letzten Gottesdienst als Stadtsuperintendent ausgesucht. Darin geht es um die so genannte „geistliche Waffenrüstung“. „Manchen ist dieser Text im Grundtenor sicher zu negativ“, begann Domning. Aber der Autor des Epheserbriefes habe in einer Zeit gelebt, in der der Gebrauch von martialischen Begriffen üblich war. Und der Habitus des Verfassers sei defensiv ausgerichtet. „Angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit, den Helm des Heils angezogen und das Schwert des Geistes in der Hand führend, nämlich das Wort Gottes, das ist das Besondere. Und vor allem ‚beschuht an den Füßen, bereit für das Evangelium des Friedens‘.“

 

„Ein männlicher Dienst”

Domning warf einen Blick zurück auf seinen beruflichen Lebensweg, der mit einem Vikariat in Düren begann. Dazu hatte er sich bewusst entschieden, weil der dortige Superintendent und spätere Präses Peter Beier durch seinen Einsatz gegen die Stationierung von Pershing-II-Raketen von sich reden gemacht hatte. Beier hat Domning später ordiniert und in seine erste Pfarrstelle in Eschweiler eingeführt.

 

Bei der Einführung habe Beier ihm einen „männlichen Dienst“ gewünscht. Was Beier damit gemeint habe, hat Domning nach eigenen Worten nie herausgefunden. Der Wunsch Beiers hat den jungen Pfarrer allerdings stark verunsichert. „Und zwar im Hinblick auf meine Predigt. Ich hatte damals ein ganzes Lied lang Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, wie ich darauf reagieren sollte. Denn ich wusste ja, wie der erste Satz meiner Predigt lauten würde: ,Der deutsche Mann liegt krank im Bett‘.“

 

Den Patienten hatte Domning als Vikar im Krankenhaus kennengelernt. Der las dort die Siegfried-Sage und war ansonsten unnahbar, auch für die „Seelsorge als Muttersprache der Kirche“, wie Domning sie nannte. „Dabei gerät unser theologisches Tun und Reden noch einmal ganz anders auf den Prüfstand. Manchmal kommt sie dabei auch ganz zum Schweigen, ist einfach nur noch da in der tröstenden Nähe, im Aushalten einer schweren Situation. Sie ist eine Riesen-Ressource unserer Kirche. Ich habe hohen Respekt gewonnen vor dem, was die Schwestern und Brüder, und auch die im Ehrenamt, in diesem Amtsbereich leisten.“

 

Auf der „schwarzen Liste” der AfD

Im Rückblick erinnerte Domning auch an seine Zeit mit Pfarrer Hans Mörtter an der Lutherkirche in der Kölner Südstadt. Damals richteten  sie ein Kirchenasyl ein, was ein Verfahren der Staatsanwaltschaft nach sich zog, das aber niedergeschlagen wurde. „Ja“, fuhr Domning fort, „das ist so ein Grundgefühl, das sich in den letzten Jahren verstärkt hat. Sich wappnen zu müssen ganz im Sinne der Beschreibung der geistlichen Waffenrüstung. Es ist schon klar, dass wir uns nicht in einen frommen Winkel zurückziehen können. Sich einbringen in den politischen Diskurs, Position zu beziehen, das gehört auch für uns als Christinnen und Christen zu unseren Aufgaben.“

 

Ein Beispiel hierfür war für den Stadtsuperintendenten der Einsatz der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Köln gegen Ausgrenzung und Rassismus beim Kölner Parteitag der AfD. Domning steht inzwischen auf einer „schwarzen Liste“ von „Nürnberg 2.0“. Dort finden sich Personen, die sich, so die Sicht der Verfasser, an der „Islamisierung“ und „Umvolkung“ Deutschlands beteiligen. Hierauf sagte Domning, dass es gelte, ein klares Bekenntnis abzulegen gegen rechte Tendenzen, natürlich auch gegen Antisemitismus. „Es kommt vor allem darauf an, gemeinsam für die Sache Jesu, für Nächsten- und Feindesliebe, für eine offene Gesellschaft und freie Religionsausübung einzutreten und sich nicht beirren und nicht einschüchtern zu lassen.“

 

Entpflichtung durch Präses Rekowski

Präses Manfred Rekowski entpflichtet Stadtsuperintendent Rolf Domning

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, nannte die Predigt Domnings einen Rückblick auf den beruflichen Lebensweg und gleichzeitig eine Zeitansage. Er würdigte seine Menschenfreundlichkeit gepaart mit rheinischer Gelassenheit. Der scheidende Stadtsuperintendent sei einer der Mitgründer der evangelischen Prots-Sitzung und habe beim Kirchentag in Köln das „Zentrum Liebe“ geleitet. Die evangelische Kirche in Köln sei bunt und vielfältig. Sie berge viele ökumenische Chancen, aber auch viele Herausforderungen. „Der Herr wird seinen Engel mit dir senden und Gnade zu deiner Reise geben“, schloss Rekowski, bevor er Domning in einer feierlichen Zeremonie entpflichtete.

„Der Superstadtdechant“

Stadtdechant Msgr. Robert Kleine

Launig war das Grußwort von Monsignore Robert Kleine. Der Stadtdechant und Doppelkopf-Partner von Domning lobte dessen unermüdlichen Einsatz für die Ökumene und sein Engagement gegen Rechts. Kennen und schätzen gelernt haben sich die beiden kölntypisch bei der Prinzenproklamation im Jahr 2013. „Ob dein Dienst männlich war, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war er menschlich“, sagte Kleine.

 

Eine Anekdote hatte Kleine auch parat. Bei einer Veranstaltung standen er und Domning zusammen mit Bettina Böttinger auf einer Bühne am Aachener Weiher. Kurz vor dem Auftritt stellten sie sich der Moderatorin mit ihren Amtsbezeichnungen vor. Böttinger kannte die Amtsbezeichnungen wohl nicht so gut. Sie stellte die Herren so vor: „Das ist Stadtdechant Robert Kleine, und das ist Superstadtdechant Rolf Domning.“ Gelächter in der Kartäuserkirche, ebenfalls lachend erklärte Kleine die Situation mit einem Augenzwinkern für seinen „absoluten Tiefpunkt der Ökumene“.

 

Freund der Synagogen-Gemeinde Köln

Sehr herzlich war das Grußwort von Isabella Farkas von der Synagogen-Gemeinde Köln. Sie lobte Domnings Engagement gegen Antisemitismus. „Sie waren für uns immer ein treuer und verlässlicher Begleiter und haben unbequeme Auseinandersetzung nie gescheut. Wir werden Ihre Geradlinigkeit und Ihren Mut vermissen. Bleiben Sie uns bitte als Freund erhalten. Sie sind bei uns immer willkommen.“

 

Dr. Bernhard Seiger lud alle Gäste zum Empfang im Haus der Evangelischen Kirche ein

Nach dem Schlusssegen des neu gewählten Stadtsuperintendenten Dr. Bernhard Seiger traf man sich im Garten der Kartause zu einem Empfang, bei dem viele Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft noch einmal mit Rolf Domning ins Gespräch kamen.

 

Hier sehen Sie die Predigt von Stadtsuperintenent Rolf Domning im Video.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK

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„Wir brauchen jemanden, der uns an die Hand nimmt” – Ordination von Hans Kippes

Gute zwei Jahre hatte sich Hans Kippes, 1955 in Derendorf geboren und schon länger wohnhaft in Widdersdorf, auf den großen Moment vorbereitet – nun war es soweit: Markus Zimmermann, Superintendent des Kirchenkreis Köln-Nord, war gekommen, um ihn im Rahmen eines Abendgottesdienst im evangelischen Gemeindehaus „Unter Gottes Gnaden“ zum Prädikanten zu ordinieren.

Zimmermann begann den Gottesdienst mit einer Bibelstelle, die ihm auch als Lieblingstext von Kippes bekannt und bewusst war: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“, zitierte der Superintendent. Er führte anschließend aus, dass die Ausbildung, die Kippes nun durchlaufen habe, kein „Honigschlecken“ sei. „Das ist viel Arbeit und da muss man Energie einbringen“, so Zimmermann in Anbetracht der Tatsache, dass nun der große Moment gekommen war. Es sei auf irgendeiner Ebene auch sehr evangelisch, einen großen Anspruch an sich selber zu haben – und gerade diesem Anspruch sei Kippes treu geblieben.

Fürchtet euch nicht

Der Superintendent dankte in seiner Ansprache Pfarrerin Liane Scholz, die den heutigen Gottesdienst organisiert habe. „Fürchtet euch nicht, das passt auch gut hier in die Gemeinde“, führte er weiter aus. Mit der Liebe zur Kirche und dem vielfältigen Einsatz der Gemeindemitglieder für die Kirche werde dies sichtbar. Und wiederum Kippes müsse sich genauso wenig vor Rückmeldungen aus der Gemeinde fürchten, nahm er die benannte Bibelstelle noch einmal auf.

Die Ordination von Hans Kippes wurde von Zimmermann durchgeführt, hierzu rief er alle anwesenden Presbyter nach vorne – Kippes sollte sich nicht alleine fühlen, weder jetzt noch in Zukunft. Als Prädikant ist er nun Laienprediger und damit berechtigt, Gottesdienste zu leiten und Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen vorzunehmen. „Sie dürfen nun Handlungen ausführen, die auch von den Pfarrern ausgeführt werden, allerdings ehrenamtlich”, so Zimmermann. Die Kirche habe sich entschlossen, ihre „Laien“ bewusst gleichzustellen, auch wenn es hierfür keine Bezahlung gebe, so der Superintendent. Der Reihe nach sprachen die Presbyter ihre Grußworte, „die heilige Schrift ist Bekenntnis und Richtschnur zugleich”, betonte Liane Scholz.

Es war nicht immer einfach, doch Gott passt auf mich auf

Nachdem die Ordination dann feierlich vollzogen worden war, berichtete Hans Kippes von den Monaten der Vorbereitung. „Es war nicht immer einfach und es gab auch Momenten, in denen ich überlegte, aufzuhören“, gab er zu. Es sei ein langer Weg gewesen, rückblickend sei er aber der Meinung, Gott habe ihn von seinem Irrweg abgeholt. So wie der Hirte auf seine Schafe aufpasse, passe Gott auf ihn auf. Er berichtete von seinem bisherigen Lebensweg. Hans Kippes hatte ursprünglich Maschinenbau in Essen studiert, dies aber abgebrochen, damals war er auch nach Köln gezogen. „Ich habe auf mein Herz gehört und Gott wusste wohl schon damals, was er mit mir vorhat”, schmunzelte er nun rückblickend.

„Es gibt immer Zeiten, in denen wir jemanden brauchen, der uns an die Hand nimmt, wenn wir Orientierung, Hilfe und Kraft suchen”, so der frisch ernannte „Laienprediger“. Seine Seele werde, wenn sie durstig sei oder er traurig sei, erquickt – ganz bewusst nutze er dieses seltene Wort, denn es beschreibe genau, was er als Fürsorge des Herrn erlebe. Anschließend sprach er ein Gebet und einen Segen.

Musikalische Begleitung und ein Jubiläumsgruß

Unter der Leitung von Julia Diedrich, Organistin der Gemeinde Ichthys und Dozentin für Klavier, sorgte der Chor für eine passende musikalische Begleitung der Feier, hierfür gab es viel Applaus, die vielen Lieder kamen sichtbar gut an. Der Gottesdienst nahm ganz zum Ende hin noch einmal eine etwas überraschende Wende: Denn noch bevor andere Gratulanten nach vorne kamen, um Hans Kippes ihren Glückwunsch auszusprechen, trat Marianne Lawnik vor die Gemeinde und auch vor Liane Scholz: „Wir möchten auch dir gratulieren, denn du bist nun seit 30 Jahren in unserer Gemeinde”, strahlte sie die Pfarrerin an und überreichte ihr kurzerhand einen Blumenstrauß. Lawnik hatte insgesamt 20 Jahre lang als Küsterin in der evangelische Kirchengemeinde gewirkt: „Ich wollte die Abläufe nich stören, aber dies musste sein”, gab sie verschmitzt zu.

Eine lebendige und mutige Gemeinde

Auch alle anderen freuten sich sichtbar und Markus Zimmermann schloss sich den Wünschen an: „Man sieht doch, hier gibt es eine ganz lebendige und auch mutige Gemeinde”, stellte der Superintendent zufrieden fest. Er nahm noch einmal kurz Bezug auf den Beginn des Gottesdienst: „Fürchte dich nicht“ – die lebendige Gemeinde habe Mut und sei eben dies, eine lebendige Gemeinde, die nach vorne gehe. Das sehe man schon am Neubau, der hier von statten ginge, aber eben auch an solchen Momenten.

Wie ursprünglich geplant, kamen nun noch viele weitere Redner nach vorne. Dabei waren auch andere Anwärter auf Ordinationen, die noch anstehen: „Ich habe diesen Moment noch vor mir. Wir haben uns im Rahmen der Vorbereitungen kennengelernt”, berichtete zum Beispiel Markus Wieland, der in Wesseling aktiv ist. Auch Eleonore Höfer, Leiterin des katholischen Kindergarten der Nachbargemeinde St. Jakobus und aktiv im dortigen Ortsausschuss, sprach einige Worte an Hans Kippes: „Sie haben sich ganz intensiv vorbereitet und wir als katholische Schwesterngemeinde wünschen Ihnen viel Erfolg”, betonte sie im Namen ihrer Gemeinde.

Anschließend begaben sich alle Beteiligten nach draußen, denn bei den aktuell sommerlichen Temperaturen war es mittlerweile sehr warm in der Kirche geworden. Im Garten vor dem Gemeindezentrum warteten schon kühle Getränke und ein kleiner Imbiss auf alle Beteiligten, die sich dort dann weiter rege austauschten.

Text: Judith Tausendfreund
Foto(s): Judith Tausendfreund

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„Wir sind eine Kirche im Umbruch“ – Dr. Bernhard Seiger mit großer Mehrheit zum neuen Stadtsuperintendenten gewählt

Dr. Bernhard Seiger ist neuer Stadtsuperintendent. Die Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region wählte ihn in ihrer Frühjahrssitzung mit 75 von 86 Stimmen. „Bevor Sie gleich eine Wahl treffen, dann sollen Sie wissen, wofür ich stehe“, leitete Dr. Bernhard Seiger seine Bewerbungsrede um das Amt des Stadtsuperintendenten ein.

Kirche im Umbruch

Superintendent Dr. Seiger spricht zu den Abgeordneten der Verbandsvertretung

„Wir sind eine Kirche im Umbruch“, wies er hin auf Umstrukturierungsprozesse, die schon eingeleitet worden seien und noch bevorstünden. „Unsere Generation hat die Aufgabe, den Umbau unserer Kirche so zu organisieren, dass es effektiv ist und nachhaltig gesunde Strukturen geschaffen werden und wir dabei mutig und klar und zuversichtlich unsere Botschaft an ,alles Volk‘, wie es in der Barmer Theologischen Erklärung heißt, vertreten und der Gesellschaft im Auftrag unseres Herrn dienen, so gut wir es können.“

Es gelte, transparent, offen und zielgerichtet nach den richtigen Wegen zu suchen. Er habe in den vergangenen Jahren unseres Kirchenkreises so viele engagierte und kreative Menschen in Ämtern und Ehrenämtern erlebt, dass er zuversichtlich sei, „dass wir zusammen viel auf die Reihe bekommen können“, so Dr. Seiger. Wichtig sei: „Wir werden beides tun müssen: Intelligente Lösungen zum Schrumpfen finden und dabei Profil neu entwickeln.“ Als Beispiele nannte er die Organisation der diakonischen Arbeit und den Bildungsbereich mit dem Neubauprojekt am Kartäuserwall. Wichtig sei der Ausbau der digitalen Präsenz im Netz.

Gesellschaftliche Aufgaben

Zur Ökumene: „Unsere Botschaft ist das Evangelium von Jesus Christus – und da ist die Zusammenarbeit mit den katholischen Schwestern und Brüdern und die Zusammenarbeit mit den Kirchen der ACK eine wichtige Basis.“ All das könne nur gemeinsam mit den Superintendentinnen und dem Superintendenten gelingen. Dr. Seiger setzt auf Gemeinschaft. „Wir können nur in bescheidener Weise einen Rahmen schaffen und nach Wegen suchen. Ob Segen daraus wird, haben wir nicht in der Hand. Ich glaube, dass gute theologische Arbeit und eine gesunde Haltung des Fragens, wie sie des Protestanten würdig ist, ein guter Kompass ist.

Offenheit und Vertrauen auf Gottes Güte wird uns dabei helfen.“ Die Nächstenliebe eines Christenmenschen schließe selbstverständlich die Geflüchteten ein. Beim Thema Umweltschutz räumte Dr. Seiger ein, dass die Kirche ihre Vorreiterrolle aus den 80er Jahren ein Stück weit verloren habe. Das müsse sich ändern. Allerdings gebe es keine einfachen Antworten auf die komplexen Fragen. „Neben der Leidenschaft der jungen Generation brauchen wir Besonnenheit, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

Seit 23 Jahren Pfarrer in Bayenthal

Dr. Bernhard Seiger wurde als Nachfolger von Rolf Domning in das Amt des Stadtsuperintendenten gewählt

Der neue Stadtsuperintendent wurde am 26. September 1963 in Vorst zwischen Viersen und Krefeld geboren. 1982 endete seine Schullaufbahn mit dem Abitur am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Leverkusen. Danach studierte er als Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes Theologie in Bonn, Tübingen und Durham in den USA. Das zweite theologische Examen legte Dr. Bernhard Seiger 1991 ab.

 

 

1995 wurde er an der Universität Bonn promoviert. Seine Dissertationsschrift trug den Titel „Versöhnung – Gabe und Aufgabe“. Seit 1996 ist der neue Stadtsuperintendent Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal. 2008 wählte ihn die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd zum Superintendenten und bestätigte ihn 2016 im Amt. Dr. Bernhard Seiger, bekennender Anhänger des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen, ist seit 1994 mit seiner Frau Christine verheiratet. Sie haben eine 20jährige Tochter.

Rolf Domning verabschiedete sich von der Verbandsvertretung

Das Pfarrhaus ist leer geräumt. Vieles aussortiert. Bei der Sperrmüll-Abgabestelle der Abfall-Wirtschafts-Betriebe hat er einen Kollegen getroffen, der auch in den Ruhestand geht. Der scheidende Stadtsuperintendent Rolf Domning warf in dem Gottesdienst zu Beginn der Verbandsvertretung einen Blick zurück. Elf Jahre hatte er das Amt inne. „Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig sind, ist’s eine Gotteskraft“, zitierte Domning aus dem 1. Korintherbrief. Als Symbol für seine Predigt wählte er einen leeren Bilderrahmen und fragte, welches Erinnerungsbild wohl bleiben würde. Domning teilte viele Erinnerungen aus seiner Dienstzeit als Pfarrer, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte und Stadtsuperintendent. Dies waren zum Beispiel die Blaukopp-Ausstellung 2002, die an den ersten offiziellen protestantischen Gottesdienst 1802 erinnerte, die Empfänge für das Dreigestirn im Haus der Evangelischen Kirche und insbesondere das ökumenische Eintreten gegen Rechts unter dem Motto „Unser Kreuz hat keine Haken“. „Nächstenliebe ist ein Gebot Gottes und kein Gutmenschentum. Hut ab vor Kapitänin Rackete. Die Rettung von Menschen ist erste Christenpflicht“, sagte Domning.  „Ich durfte lange Zeit im Zentrum stehen und werde jetzt zur Randerscheinung in diesem Bild. Und das ist gut, weil Jesus Christus in diesem Bild immer im Mittelpunkt steht. Er trägt und hält unser Bild von Kirche in Köln und Umgebung.“ Die gesamte Predigt können Sie hier lesen.

Neubauvorhaben am Kartäuserwall zugestimmt

Die Abgeordneten der Verbandsvertreung stimmten einem Bauvorhaben des Kirchenverbandes am Kartäuserwall in der Kölner Südstadt zu. Verwirklicht werden soll ein Entwurf des Büros Kasper Kraemer Architekten. In dem „Campus Kartause“ werden evangelische Bildungseinrichtungen, wie die Melanchthon-Akademie und die Evangelische Familienbildungsstätte untergebracht. Geplant sind auch studentisches Wohnen und frei finanzierte Wohnungen sowie eine evangelische Kommunität. Der Entwurf von Kraemer wird im August der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Baukosten betragen 44 Millionen Euro, die der Verband ohne Aufnahme von Fremdmitteln aufzubringen beabsichtigt.

Diakonisches Werk wird gemeinnützige GmbH

Superintendent Markus Zimmermann beim Sachvortrag zu den Überlegungen über die Zukunft des Diakonischen Werkes

Eine Projektgruppe aus dem Fachausschuss Diakonie und dem Vorstand des Evangelischen Kirchenverbandes hat nach intensiver Analyse und Diskussion vorgeschlagen, das Diakonische Werk in eine gemeinnützige GmbH zu überführen. Erster alleiniger Gesellschafter wird der Kirchenverband sein. „Im Moment ist das Diakonische Werk nicht zukunftsfähig und wird auf Dauer der kirchlichen Aufgabe der Diakonie nicht gerecht“, sagte Superintendent Markus Zimmermann, der als Mitglied der Projektgruppe den Vorschlag vorstellte.

Als gGmbH habe die Kölner Diakonie die Chance zu wachsen. Zum Beispiel durch Fusionen. „Die böten die Möglichkeit, Mehrfachstrukturen aufzulösen und somit Kosten einzusparen“, fuhr Zimmermann fort. Eine weitere Refinanzierung der diakonischen Arbeit durch Kirchensteuern könne „nicht Sinn der Sache sein“. Es müssten neue Finanzierungsquellen für die diakonische Arbeit erschlossen werden. Es würden zwar weiterhin Kirchensteuer in die diakonische Arbeit fließen. „Aber als verhandelte Zuschüsse.“ Ziel sei nicht zuletzt die Stärkung gemeindenaher Diakonie. „Die Arbeitsplätze und die kirchlichen Tarifstrukturen des Diakonischen Werkes bleiben in der neuen gGmbH erhalten“, erklärte der Superintendent weiter.

Personalia:

Die Abgeordneten der Verbandsvertretung stimmen per Handzeichen ab

Zum ersten Stellvertreter des Stadtsuperintendenten wählte die Verbandsvertretung Markus Zimmermann, zur zweiten Superintendentin Andrea Vogel, zur dritten Stellvertreterin Susanne Beuth.

In den Verbandsvorstand wurde Dr. Dörte Münch gewählt. Sie ist Nachfolgerin von Lukas Pieplow, der aus persönlichen Gründen sein Amt niedergelegt hat.

Dr. Beate Lehndorff ist neues Mitglied im Fachausschuss Melanchthon-Akademie.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK

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Pfarrer Dr. Bernhard Seiger wird neuer Stadtsuperintendent im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region

Die Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region hat Pfarrer Dr. Bernhard Seiger am Samstag zum neuen Vorsitzenden der Verbandsvertretung, gleichzeitig zum Vorsitzenden des Vorstandes und damit zum Stadtsuperintendenten gewählt. Dr. Seiger folgt auf Stadtsuperintendent Rolf Domning, der Ende Juli 2019 in den Ruhestand geht. Die Verbandsvertretung wählte Dr. Bernhard Seiger im ersten Wahlgang in das neue Amt.

Bei seiner Vorstellung erläuterte Dr. Seiger seinen Blick auf die Zukunft des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. „Unsere Generation hat die Aufgabe, den Umbau unserer Kirche so zu organisieren, dass es effektiv ist und nachhaltig gesunde Strukturen geschaffen werden und wir dabei mutig und klar und zuversichtlich unsere Botschaft ‚an alles Volk‘ wie es in der Barmer Theologischen Erklärung heißt, vertreten und der Gesellschaft im Auftrag unseres Herrn dienen, so gut wir es können“, beschrieb er die Aufgabe, die er als Stadtsuperintendent mitgestalten möchte.

Dr. Bernhard Seiger stammt aus Krefeld und ist in Leverkusen aufgewachsen. Nach seinem Theologiestudium in Bonn, Tübingen und Durham absolvierte er sein Vikariat in Bad Godesberg. 1995 promovierte er an der Ev.-Theol. Fakultät der Universität Bonn. Seit 1996 ist er Pfarrer in der Ev. Kirchengemeinde Köln-Bayenthal. Seit 2008 ist Dr. Bernhard Seiger Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd. Neben vielen Ämtern in den Gremien des Kirchenkreises und des Kirchenverbandes, ist er unter anderem seit 2013 Mitglied des Ständigen Innerkirchlichen Ausschusses der Evangelischen Kirche im Rheinland. Dr. Bernhard Sieger ist verheiratet und Vater einer erwachsenen Tochter.

In einem weiteren Wahlgang wählte die Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Nord, zum stellvertretenden Stadtsuperintendenten. Die zweite Stellvertreterin des Stadtsuperintendenten wird Pfarrerin Andrea Vogel, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, dritte Stellvertreterin wird Pfarrerin Susanne Beuth, die im September in das Amt der Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Mitte eingeführt wird.

Text: APK
Foto(s): APK

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Besonnenheit und Umkehr – Podiumsdiskussion über die Frage „Wie erreichen wir die Klimaziele?“

„Umkehr“ hieß das Zauberwort des Abends und war zugleich die zentrale Antwort auf die Frage der Veranstaltung: „Wie erreichen wir die Klimaziele?“

Auf dem Podium

Diesem Thema stellten sich auf dem Podium im Elsdorfer Lutherzentrum Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Michael Kreuzberg, Landrat des Rhein-Erft-Kreises, Michael Eyll-Vetter, Leiter der Tagebauentwicklung bei RWE Power, Almuth Koch-Torjuul, Pfarrerin in Kerpen und Frechen, sowie Gebhard Müller, Pfarrer in Bedburg. Die Gesprächsrunde moderierte Sammy Wintersohl, Leiter des Amtes für Presse und Kommunikation im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region.

Klimaschutz und Umkehr

Koch-Torjuul nannte den Begriff „Umkehr“ zutiefst christlich. „Wir müssen uns alle von lieben Gewohnheiten verabschieden“, appellierte sie an die Verantwortung eines jeden einzelnen. Jeder Weg mit dem Auto – und das so schnell wie möglich, sei genauso wenig zukünftig angesagt, wie alles an die Haustüre liefern zu lassen. Man habe sich lange in dem Segen, der RWE für die Region bedeutete, bequem „eingenistet“.

Klimaschutz sei eine Bewegung der Umkehr. Die Gesellschaft müsse vor allem materiell bescheidener werden und anspruchsvoller im Miteinander. Bei unterschiedlichen Ansichten müsse man immer auch das Körnchen Wahrheit in der Argumentation des Gegenübers erkennen. „Mich haben die Friday for Future-Demonstrationen jedenfalls sehr nachdenklich gemacht“, schloss Koch-Torjuul.

„Eine Umkehr, die aber kein Rückschritt ist“, forderte Pfarrer Müller. Er hat beobachtet, dass sich Kirchengemeinden spalten wegen Meinungsverschiedenheiten über die Braunkohleförderung. „Wir als Kirchen müssen die Menschen an einen Tisch bringen und sie gesprächsfähig machen und halten.“

Klimaschutz, regional und global

Müller mahnte beide Seiten zur Besonnenheit. Und er warf den Blick auf das größere Ganze: „Wir müssen den Begriff Klimaschutz viel weiter fassen. Wir exportieren beispielsweise Autos, die wir hier nicht mehr fahren dürfen, nach Brasilien. Und importieren im Gegenzug von dort Rinder, obwohl wir doch eigentlich hier genügend haben. Was macht das mit dem Klima? Wir müssen vieles zusammendenken.“

Eyll-Vetter gab sich pragmatisch: „Wir erreichen die Klimaziele, wenn wir in Deutschland vormachen, was andere dann nachmachen. Wir müssen nur darauf achten, dass durch Klimaschutz unser Wohlstand nicht verloren geht.“ Eyll-Vetter versicherte, dass RWE die Empfehlungen zur Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes der sogenannten Kohlekommission eins zu eins umsetzen werde. „Für uns ist es wichtig, dass wir Planungssicherheit haben. Dann eröffnen sich auch Chancen für die Region.“ Der RWE-Vertreter warnte aber auch: „Wenn der Strukturwandel hier funktioniert, werden andere Länder das nachmachen. Aber nicht, wenn das hier im Chaos endet.“

Bewahrung der Schöpfung, Ausstieg aus der Braunkohle

Präses Rekowski erinnerte daran, dass die Bewahrung der Schöpfung Pflicht eines jeden Christenmenschen sei. Aber genauso wichtig sei die Gerechtigkeit im Strukturwandel. „Wir brauchen eine gerechte Lösung für alle Beteiligten. Wir können nicht sagen ,Seht zu, wo Ihr bleibt‘. Der gesellschaftliche Frieden ist ein hohes Gut.“ Wichtig seien auch Verlässlichkeit und Planungssicherheit.

Kreuzberg, seit 2013 Landrat im Rhein-Erft-Kreis, erinnerte daran, dass er im damaligen Wahlkampf bereits klar gemacht habe, dass der Ausstieg aus der Braunkohle alternativlos sei. Der sei nun schneller Thema geworden als erwartet. „Das löst natürlich bei den Betroffenen Traurigkeit aus. Und RWE hat immer ohne staatliche Subventionen profitabel gearbeitet. Ich bin froh, dass das Unternehmen nach harten Verhandlungen nun mitzieht und die Empfehlungen der Kohlekommission umsetzt.“

Zahlreiche Gäste nutzten die Gelegenheit, sich an der Diskussion aktiv zu beteiligen.

Voten des Publikums

Ein Mann im Publikum berief sich auf bestimmte wissenschaftliche Studien, die negativen Hochrechnungen folgend, eine Klimaerwärmung bis 2100 um vier Grad prognostizieren. „Dann leben auf der Erde höchstens noch 500 Millionen Menschen.“ Eyll-Vetter nannte derartige „Horrorszenarien schlechte Ratgeber bei der politischen Willensbildung“. Die Politik sei nun aufgerufen, die Rahmenbedingungen für die Kohlendioxid-Reduzierung zu setzen. Dabei müssten aber auch der Verkehr und der Gebäudesektor in den Blick genommen werden. Auch dort gebe es noch viel Potenzial für Einsparungen.

Arbeitsplätze

Ein Mann aus dem Publikum widersprach vehement. „Wir leben in einem geschlossenen System. Wenn wir das versauen, haben wir es für immer versaut. Was für Unsummen sollen unsere Nachkommen bezahlen, um das zu reparieren, was wir kaputt gemacht haben. Es geht nicht mehr in erster Linie um Arbeitsplätze. Es geht um eine lebenswerte Welt. Und die Politik traut sich nicht, den Leuten zu sagen, dass wir ab sofort auf vieles verzichten müssen.“

Da war der Politiker Kreuzberg gefragt. „Besonnen heißt ja nicht schläfrig. Natürlich geht es um Arbeitsplätze. Wir müssen vor dem Abschalten der Kraftwerke neue Arbeitsplätze schaffen. Und zwar solche, die enkelsicher sind. Die Agentur für Arbeit wird vor den Toren sitzen und beraten.“

Zukunft

Präses Rekowski hat großen Respekt vor dem, was Politiker leisten: „Vor allem bei der ständigen Suche nach Kompromissen.“ Klimaziele erreiche man wohl nicht kostenneutral. Aber man müsse auch in den sozialen Frieden investieren. Kreuzberg nannte den Ausstieg aus der Braunkohle einen großen gesamtgesellschaftlichen Erfolg, der für die Region auch Chancen eröffne. Er nannte als Beispiel die Gründung von Start-up-Unternehmen mit dem Wissen von den drei Exzellenz-Universitäten Aachen, Köln und Bonn, die in der Nähe lägen.

Und auch RWE will weiterleben. Eyll-Vetter nannte Energiespeicher für Wind- und Sonnenenergie als Zukunftsfeld. Darüber hinaus verfüge man über Flächen, die nicht zuletzt als Bauland ausgewiesen werden könnten. Die Region um Köln wachse kontinuierlich. Auch Rekowski bescheinigte dem Rhein-Erft-Kreis beste Chancen, den Strukturwandel gut hinzukriegen. Und: „Wir als Kirche plädieren für eine Kultur des Genug.“

Birgit Jansen und Martin Böer von bikablo® begleiteten den Abschluss der Veranstaltungsreihe als graphic recorder. Sie setzten das Gesagte grafisch in Szene.

 

Kirche diskutiert anders

Von April bis Juli 2019 veranstalteten der Evangelische Kirchenverband Köln und Region, der Evangelische Kirchenkreis Köln-Nord und der Evangelische Kirchenkreis Köln-Süd jeden Monat in einer Kirchengemeinde in der Braunkohleregion eine Podiumsdiskussion. „Die Proteste und Diskussionen über die Themen Braunkohle und Energiewende haben viele Menschen verunsichert. Die unterschiedlichen Standpunkte fordern Familien, Gemeinden und ganze Orte heraus. Mit den vier Abenden leistet die Evangelische Kirche einen Beitrag zum Diskurs auf dem Weg in eine gemeinsame Zukunft“, schreiben die Veranstalter über die Reihe.

Video zur Podiumsdiskussion

Die Podiumsdikussion wurde auch per Video aufgezeichnet und kann hier erneut angesehen werden:

https://www.youtube.com/watch?v=zMN_L2l6YeM

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/APK

Der Beitrag Besonnenheit und Umkehr – Podiumsdiskussion über die Frage „Wie erreichen wir die Klimaziele?“ erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.