Zur Premiere des Online-Formats sprach Schauspielerin und Dozentin Paula Wehmeyer über das Thema „Selbstermächtigung“.
Inspirierend und mitreißend verlief die Premiere von „PowerTalk – die etwas andere Mittagspause“. So heißt das neue Online-Format der Melanchthon Akademie (MAK) des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region. „Grundidee unseres Mittagstalks von 12 bis 13 Uhr ist es, Menschen in ihrem Alltag mit Bildungsangeboten zu erreichen“, so Daniela Krause-Wack. Die Studienleiterin an der MAK ist zuständig unter anderem für die Fachbereiche Persönlichkeit und Kommunikation.
Von Anfang an habe man die „andere Mittagspause“ als digitales Angebot konzipiert, informiert die Studienleiterin. Zugänglich von überall her. Auch und gerade für Menschen, die in den für Veranstaltungen klassischen Abend- und Wochenendstunden anderweitig gebunden seien. „Es geht um vielschichtige Perspektiven in der Auseinandersetzung mit dem Macht- und Kraftvollen.“ Mit dem „kurzweiligen, knackigen Format“ sollen Denkanstöße gegeben, ein Reflexionsraum geöffnet und Lust gemacht werden, an den behandelten Themen dranzubleiben und weiterzudenken.
Zentrale Gesprächspartner*innen sind jeweils Dozent*innen an der MAK „mit ihrer eigenen Perspektive auf das Themenfeld“. Sie eröffnen zugleich einen Blick auf die Inhalte ihrer angebotenen Kurse und Seminare. Zum Auftakt begrüßte Krause-Wack die Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Paula Wehmeyer. Sie berichtete den gut zehn Teilnehmerinnen mit ansteckender Begeisterung von ihrer langjährigen Beschäftigung mit der Methode „The Artist’s Way“ (Der Weg des Künstlers) nach dem gleichnamigen Buch der amerikanischen Kreativtrainerin und Autorin Julia Cameron. Auch an der MAK bietet Wehmeyer Kurse an, in denen angelehnt an Camerons „authentischen Weg zu mehr Kreativität und Selbstvertrauen“ der „Sehnsucht nach Lebendigkeit, Sinn(-lichkeit) und Ausdruck“ nachgegangen wird.
Synchronizität
Vielfältig und tiefgründig seien das Werk von Cameron sowie „Der Weg des Künstlers“, stellte Krause-Wack innerhalb der Runde voran. Die Synchronizität bilde quasi das Schlüsselthema. Und über diesen von Cameron verwendeten Begriff, in dem es auch um die Macht und die Kraft geht, führte Wehmeyer in der Folge lebendig wie anschaulich aus. Dabei geizte sie weder mit Einblicken in ihren Erfahrungsschatz noch Zitaten aus Camerons Buch.
Synchronizität sei ein ganz wichtiger Bestandteil von Camerons Arbeit. Die Autorin vermittle, dass wir selbst zu den Wünschen und Träumen unserer künstlerischen Verwirklichung natürlich sehr viel beitrügen. Sobald wir uns wirklich zu etwas entschlossen hätten, sei aber das so Entscheidende tatsächlich eine göttliche Energie. Diese unterstütze uns wahnsinnig bei der kreativen Umsetzung, erklärte Wehmeyer Camerons Vorstellung.
Den Begriff Synchronizität fänden Teilnehmende ihrer Kurse zunächst sperrig und wagemutig, gestand Wehmeyer. In der Theorie höre sich das ganz schön an, räumten sie zwar ein, aber mit ihrem Leben habe das bestimmt nichts zu tun. Jedoch berichteten Teilnehmende im späteren regelmäßigen Austausch über selbst erfahrene Synchronizität von „wahnsinnig“ vielen Erlebnissen. Synchronizität passiere eben genau so – man erhalte teilweise aus ganz unerwarteter Richtung plötzlich Unterstützung. Wir wünschten uns etwas und täten auch viel dafür, aber das wirklich große ganze Geheimnis und die Magie kämen aus einer göttlichen Richtung. Das verstehe Cameron unter Synchronizität.
Künstlerisches Handeln
„Der Schlüssel liegt im künstlerischen Handeln gegen ein bleiernes Herz“, zitierte Wehmeyer. Der Schlüssel liege auch darin, dass wir selbst handelten und es nicht anderen überließen. „Total spannend“ nannte die Dozentin die auch heilende Wirkung des künstlerischen Handelns. Dabei seien wir nicht nur auf unser Ego zurückgeworfen, sondern die wirkliche Kraft und Macht bestehe darin, dass wir uns auf etwas anderes verlassen könnten.
Laut Cameron sei die künstlerische Arbeit eigentlich ein Abenteuer. „Ich starte mit einem Wunsch, ich starte mit etwas, was mich magisch anzieht, aber dann springe ich auch einfach. Dann lasse ich das einfach zu und gucke, aus welcher Richtung kommen denn irgendwelche Impulse. Ich weiß noch nicht wohin es geht, aber ich werde ganz bestimmt viel Unterstützung dabei bekommen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt“, betonte Wehmeyer. Dabei gehe es um Vertrauen im Sinne von Hingabe, Zuhören und Einlassen. „Wenn ich wirklich dem zur Verfügung stehe, was ich mir wünsche, dann wird mir auch geantwortet.“ So hat Wehmeyer sich eine Einsicht Camerons zur Faustregel gemacht. Sie besteht darin, „nie zu fragen, ob ich etwas tun kann. Sagen Sie stattdessen, dass sie es tun und schnallen sie sich an. Die bemerkenswertesten Dinge werden folgen.“
Cameron lade ein, das Göttliche als eine freundliche Kraft zu verstehen, als eine wohlmeinende, vor allem auch schöpferische Kraft, so Wehmeyer. Wenn wir kreativ werden wollten, könnten wir uns auf Gottes Unterstützung verlassen. Gott habe ja selbst vom Schöpfen nie genug bekommen, verweise Cameron auf die Fülle der Natur. „Und so liebt Gott auch uns, wenn wir kreativ wachsen.“
Dabei bildeten die Morgen-Seiten einen ganz wichtigen Teil, so Wehmeyer. Cameron empfehle, sich nach dem Aufwachen handschriftlich auf dem Papier ein Stück weit auszuruhen und seine Träume zu sammeln. Wehmeyer verglich das Vorgehen mit dem Ausrichten von Antennen, um unsere vergrabenen Wünsche aufzuspüren. Dies sei Selbstermächtigen im Sinne von Vertrauen haben zu dem, was ich in mir finde und wünsche, auf das es wirklich werde.
Wut
Mit Synchronizität, mit den Themen Macht und Kraft hänge auch der Aspekt Wut zusammen, erklärte Wehmeyer. Cameron betrachte Wut als ein ganz wichtiges, authentisches Gefühl. Wut wolle auch immer etwas verändern im Leben. Das festzustellen, empfindet Wehmeyer als spannend, „weil gerade wir Frauen auch immer wieder mal und immer noch Probleme haben, die Wut überhaupt als ein wertvolles Gefühl zu sehen“. Sie werde oft heruntergeschluckt, verdrängt. Laut Cameron sei Wut aber sehr wichtig, „weil sie super viel Energie freisetzt“. Zudem schaffe Wut Klarheit, und aus der Klarheit komme Veränderung.
Cameron vergleiche Wut mit einer Landkarte, die uns etwas zeigen wolle. Zum Thema Selbstermächtigung, also Macht, sage Cameron: „Wut zeigt uns, wo unsere Grenzen sind. Wut zeigt uns, wohin wir gehen möchten. Sie lässt uns erkennen, wo wir gewesen sind und lässt uns wissen, wenn es uns nicht gefallen hat. Wut zeigt den Weg, nicht nur den Zeigefinger. Im Heilungsprozess eines blockierten Künstlers ist Wut ein Zeichen von Gesundheit.“ So erfahre man durch sie etwas Reinigendes. Es gelte, der Wut gut zuzuhören. Wut, zitierte Wehmeyer weiter, sei „ein sehr, sehr loyaler Freund“, der uns immer sagen werde, „wann es an der Zeit ist, in unserem ureigensten Interesse zu handeln“.
In der anschließenden Gesprächsrunde gingen die Teilnehmerinnen unter anderem auf ihre eigenen Erfahrungen mit Wut als eine Art Wegweiser ein. Mit einem „intensiven Erfahrungsaustausch in offener und fröhlicher Atmosphäre“ klang die „andere Mittagspause“ aus.
Nächster PowerTalk-Termine
Fortgesetzt wird die MAK-„PowerTalk“-Reihe im ersten Halbjahr 2021 am 9. März. Dann sind Sibylle Kaminski und Gesine Qualitz zu Gast. Sie sensibilisieren über Machtmissbrauch und Sexismus am Arbeitsplatz. Am 8. Juni spricht Lisa Frohn über Systemisches Konsensieren als Methode der nachhaltigen Entscheidungsfindung für Gruppen und Teams.
Mehr über das Programm der Melanchthon-Akademie erfahren Sie hier:
https://melanchthon-akademie.de/
Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich