Richtungsweisend: Die Bedburger Synode 1571
Vor 450 Jahren trat in Bedburg eine Kirchenversammlung zusammen, die als Meilenstein auf dem Weg zur presbyterialsynodalen Ordnung der evangelischen Kirche gilt. Die Entwicklung dieses kirchlichen Verfassungsprinzips ist keineswegs geradlinig verlaufen, sondern hat sich in einem langen, bis heute andauernden Prozess herausgebildet.
Die Bedburger Synode vom 3. und 4. Juli 1571 steht in einer Reihe verschiedener Zusammenkünfte, in denen über die angemessene äußere Verfassung der Kirche beraten wurde. Die wenigen evangelisch gesinnten Gemeinden am Niederrhein waren bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts eher lose miteinander verbunden. Von einer festen Kirchenstruktur konnte noch keine Rede sein.
Polizei löste Gottesdienste auf
Anders als vor allem in Nord- und Ostdeutschland waren die Landesherren bei der alten Religion verblieben und setzten ihre Macht ein, um eine weitere Ausbreitung der reformatorischen Bewegung in ihren Territorien zu verhindern, indem sie mit polizeilichen Mitteln Gottesdienste oder Zusammenkünfte sogar in Privathäusern auflösten und Prediger aus ihren Ländern auswiesen.
Im besten Falle duldeten sie stillschweigend die Entstehung evangelischer Gemeinden. Erst mit dem Zuzug von ungefähr 60.000 Niederländern, die sich vor den massiven Verfolgungen in ihrer Heimat durch Flucht an den Niederrhein und in die Pfalz in Sicherheit brachten, kam Bewegung auch in die versprengten evangelischen Gemeinden vor Ort. Nach einem Bildersturm, der sich im Sommer 1566 rasch von Flandern bis nach Friesland ausbreitete, sah sich die spanische Krone genötigt, in ihren niederländischen Besitzungen den katholischen Glauben und den Schutz der Kirchengebäude vor Plünderung und Zerstörung gegen alle reformatorischen und täuferischen Umtriebe mit äußerster Härte und Gewalt durchsetzen.
Organisation von vernetzten Strukturen
Das Schreckensregiment des Herzogs von Alba, dem Statthalter der Niederlande (1567-1573) hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Niederlande eingegraben. Die Flüchtlinge jedenfalls traten mit großem konfessionellen Selbstbewusstsein auf und organisierten schnell eigene Gemeinden mit vernetzten Strukturen, da sie bereits „in ihrer Heimat einen besonderen Sinn für die politische Durchsetzung religiöser Ziele entwickelt hatten“, so Heinz Schilling.
Die Exilanten verfolgten neben religiösen sehr wohl auch politische Ziele, wie die überlieferten Protokolle der Bedburger Synode veranschaulichen. In der deutschen Fassung finden sich keine Hinweise auf diese politischen Bestrebungen, dafür aber um so mehr in der niederländischen. Die Synode verpflichtete sich ausdrücklich, den Aufstand in den Niederlanden unter Führung Wilhelms von Oranien gegen die spanische Herrschaft zu unterstützen und bestätigte die Rechtmäßigkeit von Wehr und Waffen, um dieses Ziel zu erreichen. „Kirchliches und politisches Denken floss damals für die Religionsflüchtlinge zu einem untrennbaren Ganzen zusammen.“ (Herbert Frost)
Fragen des kirchlichen Lebens
Diese enge Verzahnung von Politik und Religion spiegelt sich auch in der Anwesenheit des Philips van Marnix (1540-1598) auf der Bedburger Synode wider, dem engsten Berater Wilhelms von Oranien. Die Synode verhandelte darüber hinaus Fragen des kirchlichen Lebens und der Pfarrstellenbesetzungen. Die Frage einer Gemeinde, ob gegen ein Gemeindeglied, das sich trotz mehrmaliger Ermahnungen „unordentlich hält“, die Exkommunikation, also der Ausschluss vom Abendmahl, verhängt werden könne, bejahte die Synode mit dem Hinweis, dass allerdings nichts unternommen werden sollte, was im ungünstigsten Falle die Aufmerksamkeit der Behörden auf die Gemeinde lenken und ihre Existenz gefährden könnte.
Die Bedburger Synode diskutierte aber keine Fragen der kirchlichen Verfassung. Stattdessen verwies sie alle „Belange der Leitung der niederländischen christlichen Gemeinden“ an eine zeitnah, möglichst noch im selben Sommer durchzuführende allgemeine Synode, zu der alle interessierten Gemeinden aufgerufen waren, Delegierte zu schicken. Ein Vorbereitungskreis wurde beauftragt, Ort und Zeit für diese Generalsynode festzulegen, die schließlich vom 4. bis 13. Oktober 1571 in Emden tagte und den presbyterial-synodalen Aufbau der Kirche in den Niederlanden und am Rhein beschloss. „Die Bedburger Synode des Jahres 1571 hat dagegen ihre Bedeutung im Weiterreichen der jungen Synodaltradtition und in deren Verknüpfung mit dem Gesamtablauf der reformierten Synodalgeschichte“, so Herbert Frost.
Sie hat keine eigenständigen, verfassungsrechtlichen Entscheidungen getroffen, aber den Weg für die entsprechende Kirchenversammlung vorbereitet.
Text: Martin Trautner/APK
Foto(s): Sammy Wintersohl/APK
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