Ökumenischer Gottesdienst für die Unbedachten: Gedenkbuch wurde von der Antoniterkirche nach St. Aposteln überführt

Der ökumenische Gottesdienst für die Unbedachten in Köln ist eine besondere Feier. Mit ihr wird seit 13 Jahren an jedem dritten Dienstag im Monat der hier ohne Trauerfeier beigesetzten evangelischen und katholischen Verstorbenen gedacht. Das geschieht im Wechsel eines Kirchenjahres zwischen in der katholischen Basilika St. Aposteln am Neumarkt und in der evangelischen Antoniterkirche.

Organisiert wird das Gedenken von einem Initiativkreis aus Pfarrerinnen und Pfarrern und weiteren Mitarbeitenden der Evangelischen und Katholischen Kirche in Kooperation mit der Stadt Köln und dem Bestatterverband. Stets wirkt die an der Antoniterkirche beheimatete Oekumenische Choralschola Köln unter Leitung von Manfred Loevenich mit gregorianischem Gesang mit.

Der jeweils letzte Gottesdienst eines Kirchenjahres gestaltet sich noch einmal besonders: Innerhalb der Feier wird, das sonst in einer Vitrine ausgelegte Gedenkbuch mit den Namen der Verstorbenen, an den jeweils anderen Standort überführt. So auch in diesem November.

„Niemand soll vergessen werden“ – eine Herzensangelegenheit

Stadtsuperintendent Bernhard Seiger und Msgr. Robert Kleine bei der diesjährigen „Translatio“ von der Antoniterkirche zur Basilika St. Aposteln

In der Antoniterkirche vollzog der Kölner Stadtdechant Monsignore Robert Kleine die liturgische Eröffnung. Markus Herzberg, Pfarrer der AntoniterCityKirche, sprach ein Gebet des Gedenkens. Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger begrüßte die Gemeinde und Mitwirkenden. Unter ihnen Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes als Vertreterin der Stadt. Sie, die auch bei der jetzigen Translatio einen Schrifttext las und das Gedenkbuch trug, bezeichnet es immer wieder als ihre Herzensangelegenheit, das Thema im Gebetsrahmen in die Stadtgesellschaft zu tragen.

In seiner Begrüßung würdigte Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger die Bedeutung des Gottesdienstes für die Unbedachten. Niemand in der Gesellschaft solle vergessen werden. Gemeinsam mit Kleine las Seiger im Wechsel die Namen der zuletzt Verstorbenen aus dem Gedenkbuch vor. Und schloss „alle Ungenannten, die uns heute bewegen“, in die folgenden Zeilen mit ein: „Wer sie geliebt und geachtet hat, trage diese Liebe und Achtung weiter. Wen sie geliebt haben, danke ihnen alle Liebe. Wer ihnen etwas schuldig geblieben ist an Liebe in Worten und Taten, bitte Gott um Vergebung. Und wem sie wehgetan haben sollten, verzeihe ihnen wie Gott uns vergibt, wenn wir ihn darum bitten. Was sie an Einsamkeit erlebt haben, umfange du, Gott, nun mit deiner Nähe. So nehmen wir Abschied mit Dank und Frieden.“

Ökumenischer Segen

Beim Verlassen der Antoniterkirche reihte sich ein Posaunenchor in die startende Prozession ein. Und so ging es unter getragenen Klängen über die Schildergasse und am Rande des Neumarktes entlang zu St. Aposteln. Die Spitze bildete das historische Vortragekreuz aus der romanischen Kirche. Dahinter folgten die von Lichter tragenden Choralschola-Mitgliedern flankierte Bürgermeisterin mit dem Gedenkbuch, die kirchlichen Amtsträger sowie die Gemeinde. Auch die Fortführung des Gottesdienstes in der Basilika belegte dessen starken ökumenischen Charakter: Nach dem Vaterunser sprachen der Stadtsuperintendent und der Stadtdechant gemeinsam den aaronitischen Segen, Seiger begann, Kleine setzte fort.

Die Translatio des Gedenkbuches empfindet Herzberg als etwas sehr Besonderes. Es handele sich um einen kirchlichen Akt, der in der Öffentlichkeit wahrnehmbar sei. „Es ist tatsächlich so: Man merkt, dass zahlreiche Passanten stehen bleiben, Kunden aus den Geschäften kommen, sich bekreuzigen, andächtig inne halten.“ Auch bei der letzten Überführung begegneten die Umstehenden der Prozession respektvoll. Die Reaktionen wurden von Teilnehmenden als durchweg positiv wahrgenommen. „Unser Gottesdienst gibt den verstorbenen Menschen die Würde, die man auch durch den Tod nicht verliert“, betonte Herzberg. Der Gottesdienst beziehungsweise die Bestattung ohne Trauerfeier zeige aber auch die Realität: „Viele Menschen haben niemand mehr, der sie betrauert.“

Der nächste Gottesdienst für die Unbedachten findet am 17. Dezember 2019, 18 Uhr, in St. Aposteln, Neumarkt 30, statt.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

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„Suche Frieden und jage ihm nach“ – Nachrichten von der Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Köln-Nord

„Schaut hin!“ unter diesem Motto stand der Gottesdienst zur Eröffnung der Synode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord und setzte zu Beginn des Sitzungstages gleich ein ökumenisches Zeichen. Der Gottesdienst fand in der katholischen Pfarrkirche Hl. Johannes XXIII. statt. Hausherr Rolf Neukirchen begrüßte zusammen mit dem evangelischen Pfarrer Volker Meiling aus Stommeln die Synodalen. Da Meiling auch Synodalbeauftragter für den Kirchentag und Vorsitzender des rheinischen Landesausschusses ist, machte er den kommenden 3. Ökumenischen Kirchentag auch zum Thema des Gottesdienstes. Der 3.ÖKT wird unter dem Leitwort stehen: „Schaut hin“. Der Aufruf geht auf die Geschichte der „Speisung der Fünftausend“ aus dem Markusevangelium Kapitel 6 zurück.

In der katholischen Pfarrkirche Hl. Johannes XXIII. feierte die Synode ihren Gottesdienst.

„Zeig, wofür Du stehst!“ und „Zeig, was du liebst!“ forderte Meiling die Synodalen in seiner Predigt auf. „Wir wissen, dass es Zeit wird, von unten aufzubauen“, führte er weiter aus. Vieles, was in den vergangenen Zeiten selbstverständlich in familiären Traditionen weitergegeben wurde, sei versickert. „Ich glaube, wir werden erleben dürfen, dass, wenn wir wirklich einfach, klar und begeistert von der der Sache Jesu erzählen, wir nicht nur die Kleinen erreichen, sondern gerade auch diejenigen mit ihnen, die wir durch die Zeiten hindurch verloren haben. Wodurch auch immer.“ Nach dem Abendmahlsgottesdienst begann die Sitzung der 84 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kreissynode in der gegenüberliegenden Evangelischen Stadtkirche, direkt am Pariser Platz in Köln-Chorweiler.

 

Schwerpunkt: „Mit Kindern Kirche sein“

Thematischer Schwerpunkt der Synode war das Thema „Mit Kindern Kirche sein“. Pfarrerin Kirsti Greier leitete mit einem Vortrag in die Thematik ein. Greier kennt den Kirchenkreis Köln-Nord gut. „Ich war Vikarin hier in der Neuen Stadt und habe im Hilfsdienst u.a. auch in der Jugendarbeit in Mauenheim mitgemacht“, erinnerte sie sich an ihre Zeit im Kölner Norden. Heute ist sie Referentin für „Kirche mit Kindern und Kindergottesdienst“ im Comenius-Institut mit Sitz in Münster. „Die Arbeit mit Kindern ist immer auch mit biografischen Erfahrungen verbunden und mit eigenen Beziehungserfahrungen verknüpft“, stellte Greier sowohl für sich selbst als auch generell fest.

 

Kirche mit Kindern ist Kirche mit Familien

Die „Gottesdienstexpertin“, wie sie sich selbst mit einem Schmunzeln nannte, legte dar, warum der Gottesdienst mit Kindern zu den Bildungsangeboten von Kirche gehört. Sie stellte eine Reihe von Zahlen vor, die auf einer Studie basieren. Die Statistiken waren in Form einer Online-Umfrage unter verantwortlich Mitarbeitenden in gottesdienstlichen Angeboten mit Kindern im Zeitraum von Juni bis Oktober 2015 erstellt worden. Tausend Gemeinden hatten sich beteiligt, insgesamt rund 1.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten Fragen beantwortet. Das Ergebnis stellt „Kirche mit Kindern“ im Spannungsfeld zwischen Innovation und Tradition, Lebenswirklichkeit und Glaubenshorizont, professionellem und ehrenamtlichem Engagement dar. Zu diesen Aspekten wurden im weiteren Verlauf der Synode Arbeitsgruppen gebildet.

Pfarrerin Kirsti Greier leitete mit einem Vortrag in das Schwerpunktthema „Mit Kindern Kirche sein“ ein

Zunächst präsentierte Greier Eckdaten. So war es keine Überraschung, dass für das Thema Kinderkirche überwiegend Mitarbeiterinnen verantwortlich sind, rund 73,8 Prozent der Mitarbeitenden sind weiblich. „Mehrheitlich sind die Beteiligten seit mehr als zehn Jahren dabei, das kann auch Innovation behindern“, erläuterte die Referentin. Mehr als 70 Prozent der Kindergottesdienste finden sonntags statt, „und offenbar passt ein Angebot im Monat gut in den Alltag von Familien“, so Greier weiter. Sowohl von ihr als auch von Stimmen aus der Zuhörerschaft wurde bedauert, dass die Studie keinen genauen Einblick in den Bildungshintergrund der Kinder bietet.

„Vieles ist im Fluss, bleibt aber auch beständig“, mit dieser Beschreibung versuchte die Referentin das Spannungsfeld zwischen Innovation und Beständigkeit zu umschreiben. Die Studie erlaube wenig Umkehrschlüsse, anhand derer man feststelle könne, warum bestimmte Angebote für Kinder gut oder schlecht angenommen werden, kritisierte Greier. Dennoch könne man zusammenfassen, dass Angebote dort oft gut laufen, wo „Kinder“ als Thema nicht nur in den Kinderangeboten stattfinde.

Superintendent Markus Zimmermann bedankte sich für den Impulsvortrag im Namen aller Synodalen. In kleinen Arbeitsgruppen widmeten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Synode dem Thema. Die Ergebnisse werden gesichtet und weiter bearbeitet.

 

„Weltklima“ hat sich verschlechtert

Ein weiterer Hauptpunkt der Synode war der Bericht von Superintendent Markus Zimmermann. „Das „Weltklima“ hat sich ja in mehrfacher Hinsicht verschlechtert“, leitete Zimmermann seinen Rückblick ein. „Die fast drei Jahrzehnte währende Zeit voller Hoffnung auf eine weltpolitische Entspannung ist an ein Ende gekommen“, so seine ernüchternde Feststellung. Politische Konflikte, verbunden mit der wachsenden Bedrohung durch die in einem hohen Maße durch Menschenhand verschuldete Klimaveränderung und einer sich andeutenden wirtschaftlichen Rezession stünden im Raum. Als Beispiel nannte er die Konflikte in der Türkei, aber auch den „Brexit“.

 

Jahreslosung: „Suche Frieden und jage ihm nach“

Superintendent Markus Zimmermann sprach sich in seinem Bericht gegen Antisemitismus in jeder Form aus

Rechtsradikale Strömungen, die vor allem von der AfD für ihre Zwecke genutzt werden, wachsender Antisemitismus, Morddrohungen im Netz auch gegen Repräsentanten der Kirchen, auch diese Punkte benannte der Superintendent in seinem Bericht und betonte mit Blick auf die Jahreslosung „Suche Frieden und jage ihm nach“, die Notwendigkeit, als Kirche dagegen zu halten. Angesichts des Anschlages von Halle und dem Angriff auf die dortige Synagoge betonte Superintendent Markus Zimmermann im Namen der Kreissynode Köln- Nord, dass er und der gesamte Kirchenkreis eindeutig an der Seite der jüdischen Gemeinden und der Jüdinnen und Juden stehen und jede Art von Antisemitismus entschieden verurteilen.

Angeregt wurde, die Thematik Antisemitismus auf der Herbstsynode im kommenden Jahr ausführlich zu behandeln und den Kirchengemeinden konkrete Möglichkeiten aufzuzeigen, sich klar und deutlich gegen Antisemitismus zu positionieren.

Auch der Protest gegen andere demokratiefeindliche Entwicklungen sowie gegen die Umweltzerstörung nehme zu. Die Forderung zur Umkehr und Neuorientierung angesichts der Klimakrise werde lauter. „Die Bewahrung der Schöpfung ist schon lange auch unser Anliegen als Kirche. Wir sind doch eigentlich die natürlichen Bündnispartner der Fridays for future – Bewegung“, so Zimmermann. Er erinnerte an den Theologen Karl Barth. Dieser habe unermüdlich gefordert, dass sich Christinnen und Christen weder in privates noch kirchliches Leben zurückziehen dürfen. Vielmehr komme der Kirche ein Wächteramt zu. „Der Friede ist der Ernstfall“, zitierte Zimmermann den Theologen und sagte weiter: „Wir müssen heute ergänzen: nicht nur der Friede, sondern auch die Bewahrung der Schöpfung ist der Ernstfall!“

 

Beteiligung an Rettungsschiff im Mittelmeer

Als ein aktuelles Beispiel von Nächstenliebe führte der Superintendent das Vorhaben der EKD an, sich am Kauf eines Rettungsschiffes zu beteiligen. Er schließe sich den Worten von Landesbischof Bedford-Strohm an: “Solange schutzsuchende Menschen im Mittelmeer ertrinken und staatliches Handeln versagt, werden wir die zivile Seenotrettung nach Kräften unterstützen.“ Zimmermann betonte, dass mit hoher Gewissheit noch mehr Menschen sterben, die es gar nicht erst bis zum Mittelmeer schaffen. Anschließend bat er die Synodalen, dem Vorschlag des Finanzausschusses und des Kreissynodalvorstandes zu folgen, den Kauf eines Schiffes im Rahmen der Aktion „Seawatch“ durch Mittel aus dem Überschuss des diesjährigen kreiskirchlichen Haushalts zu unterstützen – an dieser Stelle erhielt Zimmermann deutlichen Applaus. Bei der Verabschiedung des Haushaltes stimmten die Synodalen dem Antrag zu, 10.000 Euro für die Rettungsaktionen von EKD und Seawatch zu spenden.

 

Menschen in einen Dialog miteinander bringen

Als ein beispielhaftes Projekt für Dialog in Konfliktsituationen nannte Zimmermann die Gesprächsreihe „Kirche diskutiert anders“. Diese war im Frühjahr 2019 als Kooperation zwischen den Gemeinden im Rhein-Erft-Kreis, dem Evangelische Kirchenverband Köln und Region, und den Kirchenkreisen Köln-Süd und Köln-Nord entstanden. Anlass waren die bevorstehenden enormen Veränderungen im Rhein-Erft-Kreis durch den Strukturwandel aufgrund des geplanten Kohleausstiegs sowie die Schilderungen von Pfarrerinnen und Pfarrerin in der Region, dass es innerhalb und außerhalb der Gemeinden und quer durch Familien hindurch bei diesem Thema zu Kontroversen und Konflikten kommt. „Es ging uns mit unserer Gesprächsreihe darum, dass Menschen wieder miteinander ins Gespräch kommen“, so Zimmermann. Es gebe erste Überlegungen, die Reihe auch in 2020 fortzusetzen.

 

Schutz vor sexueller Gewalt

Der Schutz vor sexueller Gewalt wurde auf der Synode sowohl im Bericht von Markus Zimmermann benannt als auch später als eigener Tagungsordnungspunkt behandelt. Erarbeitet hatten das entsprechende Schutzkonzept Monika Crohn, Anja Franke, Julia Langemeyer, Gebhard Müller, Katrin Reher, Sylvia Wacker, Sabrina Wagner und Markus Zimmermann. „In der Arbeit unseres Kirchenkreises halten wir es seit Langem für sehr wichtig, Kinder und Jugendliche zu sensibilisieren und stark zu machen“, betonte Zimmermann. Sexualität sei eine gute Gabe Gottes. Kinder und Jugendlichen in der Kirche den notwendigen Schutzraum zu bieten, setze die notwendige Sensibilisierung und Information aller in der Kirche Mitarbeitenden voraus. Das verabschiedete Schutzkonzept wird einen Maßnahmenkatalog, Interventionsleitfaden sowie wichtige Anschriften enthalten, an die sich Betroffene wenden können. Schulungen zu dem Thema sind ebenfalls geplant. Das Konzept bezieht sich in erster Linie auf die Kirchenkreisebene, es kann aber bei der Erstellung von kirchengemeindlichen Schutzkonzepten genutzt werden. Beschlossen wurde, dass die die Kirchengemeinden eigene Schutzkonzepte bis spätestens zum 31. März 2021 erstellen sollen.

 

Kita-Finanzierung

Superintendent Markus Zimmermann kritisierte die Stadt Köln, da hier der Trägeranteil bei der Finanzierung von Kitas deutlich höher ist als zum Beispiel im Rhein-Erft-Kreis. Dies führt dazu, dass die Trägervielfalt gefährdet ist. „Die Erziehung zum Frieden von klein auf ist und bleibt gerade auch in Zeiten des Auseinanderfallens bisheriger gemeinsamer gesellschaftlicher Werte und des dramatischen religiösen Traditionsabbruchs eine Kernaufgabe für unsere evangelischen Kindertagesstätten“, stellte Zimmermann fest. „Dafür müssen sich allerdings auch die Rahmenbedingungen verbessern: Der Trägeranteil muss dringend gesenkt und an das angepasst werden, was andere freie Träger aufbringen müssen.“ An die Politik gewandt sagte Zimmermann: „Ich fordere aber auch heute und von dieser Stelle die politischen Parteien gerade hier in der Stadt Köln dazu auf, ihrer Verantwortung für eine gerechte Verteilung der Mittel und den Erhalt der Trägervielfalt durch die Senkung des Trägeranteils der Kirchengemeinden endlich gerecht zu werden und es nicht nur bei Worten zu belassen.“ Zimmermann empfiehlt den Kirchengemeinden, im Vorfeld der Kommunalwahl mit den Kandidatinnen und Kandidaten in Köln das Gespräch zu suchen und sie dazu zu bewegen, sich für die Erhöhung der freiwilligen kommunalen Leistungen zu Gunsten der kirchlichen Kitas einzusetzen.

Mit Blick auf die Situation der Kindertagesstätten im Kirchenkreis erläuterte der Superintendent, dass der Haushalt des Kita-Verbandes Köln-Nord 2018/2019 mit einem erheblichen Defizit abgeschlossen hat. Ein Sanierungskonzept des Verbandes sei in Arbeit, Gespräche mit anderen evangelischen Trägern in Köln und der Region über sinnvolle Kooperationen oder Fusionen hätten bereits begonnen.

 

Austausch in vielfältiger Form

Mit einer Tasse bedankte sich der Kreissynodalvorstand bei Superintendent Markus Zimmermann für seinen Bericht

Ein weiterer Besuch in der Partnerkirche in Ost-Java, Indonesien sowie eine Jugend- und Multiplikatorenreise nach Taizé waren auch in diesem Jahr wieder gelungene und bewegende Beispiele für den internationalen ökumenischen Austauschs auf der Ebene des Kirchenkreises Köln-Nord. Außerdem kann sich der Kirchenkreis glücklich schätzen, mit der in diesem Jahr in der Kirchengemeinde Ehrenfeld entstandenen überkonfessionellen Wohngemeinschaft „Die Eisheiligen“ ein erstes konkretes Beispiel für eine andere Gemeindeform vorweisen zu können. Zimmermann dankte Vikar Stefan Dross und seiner Frau Tabea Dross sowie dem Ehrenfelder Presbyterium für ihre Initiative und das beeindruckende Konzept. Bei den „Eisheiligen“ handelt es sich um eine Wohngemeinschaft junger Familien und Einzelpersonen, die ins dafür umgebaute ehemalige Gemeindehaus in der Eisheiligenstraße neben der Versöhnungskirche eingezogen sind. Die Bewohner leben nach gemeinsam erstellten Wohn- und Lebensregeln. Dazu zählen eine bewusste ökologisch-verantwortliche Lebensweise wie auch das gemeinsame spirituelle Leben. Dieses ist mit Angeboten in der Versöhnungskirche verknüpft. „Ich spüre da einen Aufbruch, und solche Impulse brauchen wir sicher noch viel häufiger“, honorierte Zimmermann diese neue Form von Gemeinde.

 

Veränderungen im Kirchenkreis

Ab 1. Januar 2020 wird die neue „Evangelische Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden“ an den Start gehen. Diese setzt sich aus den jetzigen Kirchengemeinden Neue-Stadt, Worringen und dem nördlichen Teil der Kirchengemeinde Niehl zusammen. „Die Bereitschaft der an der neuen Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden beteiligten Kirchengemeinden, eine gemeinsame Zukunft zu organisieren, wird sich mit Sicherheit in vielfältiger Weise auszahlen. Für mich haben diese Entwicklungen und Entscheidungen Vorbildcharakter auch für andere Kirchengemeinden in unserem Kirchenkreis Köln-Nord“, sagte Superintendent Zimmermann hierzu.

Der noch verbleibende Teil der Kirchengemeinde Niehl wird bis zu der geplanten Fusion mit der Kirchengemeinde Riehl eigenständig bleiben. Die Kooperation dort soll nach dem Willen der Gemeinden in der Zwischenzeit intensiviert werden. Die pastorale Versorgung der Niehler Kirchengemeinde ist auch nach dem Weggang von Pfarrerin Ingrid Schneider weiter gewährleistet. Pfarrer Friedemann Knizia wird die Gemeinde Niehl im Rahmen des pastoralen Dienstes im Übergang ab 1. Januar 2020 begleiten.

Da die regionale Zusammenarbeit von Gemeinden in Zukunft noch stärker sein wird, verabschiedete die Synode eine neue Ordnung für Visitationen im Kirchenkreis. Diese setzt die neue Ordnung der Landeskirche um und ermöglicht ab jetzt auch die Visitationen von  Kooperationsräumen.

 

Ausblick

Zimmermann stellte auch die Planzahlen für die Pfarrstellen 2030 vor. Danach werden dem Kirchenkreis nur noch insgesamt 23 Pfarrstellen zustehen, von denen ein Anteil an kirchenverbandlichen, übergemeindlichen Pfarrstellen noch abzuziehen ist. Dazu kommt, dass von den zurzeit noch rund 1.600 aktiven Pfarrerinnen und Pfarrer in der Evangelischen Kirche im Rheinland im Jahr 2030 rund 870 im Ruhestand sein werden. Diese Entwicklung macht deutlich, dass die Kirchengemeinden zeitnah zusammenrücken und sich neu aufstellen müssen.

Am 1. März 2020 stehen Presbyteriumswahlen an. Im Anschluss an die Wahlen wird der Kirchenkreis einen Presbytertag vor allem für die neuen Presbyterinnen und Presbyter anbieten. Dieser wird am Samstag, 16. Mai 2020. stattfinden. Im nächsten Jahr wird es neben der ordentlichen Kreissynode am 14. November 2020 eine Wahlsynode geben, nämlich am Dienstag, 9. Juni 2020, ab 18 Uhr in Bocklemünd.

 

Haushalt und Finanzen

Unter der Sitzungsleitung von Dr. Otto Oberegge stellte Gabriele Orbach den Jahresabschluss 2018 des Kirchenkreises vor. Die Gesamtbilanz lag bei rund 3,46 Mio. Euro. Der Abschluss enthält einen Überschuss von knapp 150.000 Euro. Dieser wird zum größten Teil an die Gemeinden ausgezahlt. 10.000 Euro stellte die Synode für den geplanten Verein der EKD für ein Schiff zur Seenotrettung im Mittelmeer bereit, sollte diese Idee bis zum 30.6.2020 nicht in der Praxis umgesetzt werden, geht die Spende an „Seawatch“. 7.500 Euro gehen als Spende an das Projekt „Armenbetten“ des Diakonischen Werkes Köln und Region für Menschen ohne Krankenversicherungen.

Außerdem verabschiedete die Synode den Haushalt für das Jahr 2020. In diesem ist zum Beispiel auch ein neues Kirchenmusik-Regionalkonzept enthalten, das Kreiskantor Thomas Pehlken entwickelt hat. In Kooperationsräumen soll der Austausch und die Zusammenarbeit der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker gestärkt und ausgebaut werden. Insgesamt plant der Kirchenkreis Köln-Nord auch für das kommende Jahr mit einem kleinen Überschuss.

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Stichwort Kirchenkreis Köln-Nord:

Dem Kirchenkreis Köln-Nord gehören 18 Gemeinden mit rund 70.000 Gemeindegliedern an. Sie liegen einerseits im Kölner Norden – in Worringen, Niehl und Chorweiler, von Ehrenfeld und Braunsfeld bis zum Rhein im Osten. Andererseits gehören auch die Kirchengemeinden im nördlichen Rhein-Erft-Kreis außerhalb von Köln in Bedburg, Bergheim, Elsdorf und Pulheim zum Kirchenkreis. Die Interessen aller Gemeinden werden im „Parlament“ des Kirchenkreises, der Kreissynode, von derzeit 105 Synodalen vertreten.

Text: Judith Tausendfreund / APK
Foto(s): Judith Tausendfreund / APK

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Festgottesdienst anlässlich der Ordination von Prädikant Marcel Voldrich in der Köln-Ehrenfelder Friedenskirche

„Heute feiern wir ein großes Fest, ein fröhliches Fest“, begrüßte Pfarrer Siegfried Kuttner die rund 120 Besuchenden des Festgottesdienstes in der Friedenskirche in Köln-Ehrenfeld. „Lieber Marcel, es ist geschafft“, wandte er sich an Marcel Voldrich. Zwei Jahre hat der 36-jährige Lehrer für Mathematik, Religion und Physik sich auf das Amt des Prädikanten in der Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld vorbereitet.

Nun wurde er in einem feierlichen, von der Ehrenfelder Kantorei anspruchsvoll mitgestalteten rund zweistündigen Gottesdienst von Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord, ordiniert. Beim anschließenden Empfang im Ernst-Flatow-Haus nahm Voldrich die Glückwünsche vieler Gemeindeglieder entgegen.

Über Marcel Voldrich

Voldrich habe in seiner zweijährigen Vorbereitungszeit gepredigt, getauft, Abendmahl gefeiert, beerdigt und auch den „Anderen Gottesdienst“ schätzen gelernt, sagte Kuttner. „Du bist festes Mitglied in unserem Presbyterium – mehr geht nicht“, so der Pfarrer, der Voldrich in dessen Zurüstung als Mentor begleitet hat. Geboren ist der Prädikant in Staßfurt, südlich von Magdeburg. Bereits als Jugendlicher wollte er Lehrer werden. Derzeit unterrichtet er an der IGIS – Integrierte Gesamtschule Innenstadt in Köln.

Verheiratet ist der Pädagoge mit Pfarrerin Ronja Voldrich. Mit ihren drei Kindern wohnen sie im Pfarrhaus an der Petri-Kirche im Gemeindebereich Quadrath-Ichendorf der Evangelischen Kirchengemeinde An der Erft. 2007 waren beide nach Köln-Bickendorf gezogen. Ronja absolvierte während ihres Studiums ein Praktikum in der benachbarten Evangelischen Kirchengemeinde Ehrenfeld. Ihre positiven Erfahrungen bewogen Marcel, sich in die Ehrenfelder Gemeinde umgemeinden zu lassen. Seine eigenen wiederum motivierten ihn, das ehrenamtliche Prädikantenamt anzustreben.

Er freut sich auf die vielschichtige Tätigkeit, darauf viele Menschen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. „Ich bleibe als Prädikant in meiner Ehrenfelder Gemeinde“, sagt Marcel Voldrich, dem es besonders wichtig ist, „nicht nur als Liturg da zu sein, sondern auch als Seelsorger“. Mit der örtlichen Trennung bestehe eine klare Abgrenzung zum Aufgabenbereich seiner Gattin.

Das Amt des Prädikanten

„Ja, wir haben allen Grund dankbar zu sein“, eröffnete Markus Zimmermann seine Ordinationsansprache. „Dankbar, dass wir hier alle versammelt sind.“ Dankbar auch für die, die in der Gemeinde ehren- oder hauptamtlich ihren Dienst versehen würden. Mit dem neuen Prädikanten Marcel Voldrich werde die Gemeinde nochmal bereichert. Er sei ein Mensch, der seine Freizeit damit verbringe, Gottesdienst vorzubereiten und zu gestalten. „Sie setzen sich jedes Mal aus“, beschrieb der Superintendent die stete Herausforderung, auf der Kanzel zu stehen.

Dabei sei er als Lehrer gewohnt, sich auszusetzen, jeden Tag in der Schule. Aber die jungen Menschen, mit denen er dort zu tun habe, kämen nicht freiwillig. „Es ist eine schöne Aufgabe zu begeistern für Mathe und Religion. Sie haben es raus“, attestierte er ihm große Begabung auch in der Verkündigung des Wortes Gottes. Zimmermann wünschte Voldrich, dass er das Vertrauen habe, dass Gott in ihm wirke. Bei der Predigt, aber auch in jeder Begegnung mit Menschen

Gottes Zusagen würden für jeden gelten. Es sei ein unglaubliches Geschenk an uns alle, an die Gemeinde, „dass wir die Wahrheit hören“. Dass wir als Menschen frei seien: „Wir sind viel, viel mehr, als andere und wir selbst von uns denken.“ Gott stehe zu uns, aus dieser Wahrheit lebten wir. „Das immer neu und immer wieder mit anderen Texten zu sagen, wird ihnen gelingen“, versicherte Zimmermann. Nicht, weil Voldrich klug sei, das sowieso, sondern weil Gott ihm das schenke: „Du, Marcel Voldrich, wirst das gut machen. Du stehst mit Deiner Person dahinter.“ Uns allen werde Gott immer wieder gute Gedanken dazu geben. Wir alle seien frei gesprochen durch Gott, hätten nichts zu befürchten.

Die befreiende Botschaft

Mathematik sei eine unglaublich faszinierende Dimension, spielte Zimmermann auf Voldrichs Beruf an. „Aber sie ist nicht die befreiende Wahrheit, von der wir hier sprechen.“ Und so wünschte der Superintendent ihm von Herzen, diese befreiende Botschaft immer wieder zu sagen. Er schloss mit dem Wunsch für die Gemeinde insgesamt, dass auch sie sich immer wieder begeistern lasse von der Wahrheit, die frei mache.

Zu den Ordinierten und Nichtordinierten, die den Superintendenten beim feierlichen Akt der Ordination assistierten, gehörte auch Ronja Voldrich. „Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt bei Gott!“, richtete sie sich an ihren Mann. Die Gemeinde schmunzelte verständnisvoll, als beide mit einem leichten Kuss den Segensspruch besiegelten.

Die Predigt

Für seine Predigt hatte Voldrich Jesaja 54,10 gewählt. „Denn die Berge werden weichen und die Hügel wanken, aber meine Treue für dich wird nicht aufhören und der Bund meines Friedens wird nicht wanken, sagt, der dich liebt, der Herr.“ Seiner Auslegung stellte er das Motto „Wenn dein Kind dich morgen fragt…“ des Kirchentages 2005 in Hannover voran. „Was ist, wenn dein Kind dich morgen fragt?“, wandte er sich an die Gemeinde. Werde sein Wissensdurst befriedigt? Kinder, aber auch Erwachsene suchten nach Antworten.

Etwa auf die Frage, wie und weshalb Berge weichen und Hügel wanken könnten. Gebirge seien spannende. faszinierende Naturwunder. Überwältigend die Ausblicke von Gipfeln. Aber Berge könnten auch einengen, Licht aufhalten, Dunkelheit bringen. Von ihnen gingen ebenso Gefahren aus, nannte er Katastrophen wie Erdrutsche. Durch sie könnten Menschen ihre Heimat verlieren, ihr Leben.

Jesajas Botschaft

Jesaja kenne die Erfahrung, Heimat zu verlieren. Aber der Prophet mache Mut mit dem Hinweis auf das Kommen und Versprechen Gottes. Dessen Versprechen ermutige das Volk Israel, verwüstetes Land wieder aufzubauen. Wenn Voldrich das israelitische Schicksal mit Ereignissen und Zerstörungen unserer Zeit betrachtet, dann spürt er „genauso viele Zeichen wie einst die Israeliten in Babylon“. Wenn Menschen durch Naturkatastrophen, Krieg oder Gewalt ihr Zuhause verlieren würden, könnten sie im schlimmsten Fall den Glauben an das Gute verlieren. Andererseits könne man Vertrauen und Hoffnung auf eine positive Wendung spüren. Das Volk Israel erfahre die hoffnungsvolle Nachricht vom Propheten.

„Was hat das mit uns, mit mir zu tun?“, fragte Voldrich. Er erinnerte Ereignisse, die ihn zum Nachdenken gebracht, die ihn ängstlich und wütend gemacht hätten. „Erfahrungen, die einen den Boden unter den Füßen verlieren lassen.“ Das könne passieren, wenn der Grund, eine feste Burg fehle, „an die ich mich halten kann“. „Ganz klein sprießt Hoffnung auf, ein Vertrauen für mein Leben.“ Dabei falle vielen Menschen schwer, Hilfe in Anspruch zu nehmen, auf andere voll und ganz zu vertrauen. Aber dies sei notwendig. „So wie das Volk Israel glaubt, dass Gott es gut meint.“

„Die Treue, die versprochen wird, war schon immer da“, bekräftigte Voldrich. Und auf steinernen Wegen könnten beflügelnde Erinnerungen und Wegweiser helfen. Bei vielen Entschlüssen im Leben brauche man hilfsbereite Menschen und das von Gott gegebene Vertrauen. „Der Blick in die Zukunft und Vergangenheit ist notwendig, um Berge, die wanken, zu verstehen“, sprach Voldrich von dem Versprechen, das Gottes Treue uns immer und überall begleiten werde. „Gott hört sich unserer Fragen an, in den glücklichen und traurigen Momenten.“

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

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„Wir müssen uns vom Tod nicht weiter herumschubsen lassen“ – Zentrale Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region in der Trinitatiskirche

Die Botschaft des Stadtsuperintendenten war unmissverständlich: „Krisen brauchen Worte, keine Beschwichtigungen“, sagte Dr. Bernhard Seiger zu Beginn der Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region in der vollbesetzten Trinitatiskirche.

Stadtsuperintendent Bernhard Seiger begrüßte die vielen Besucherinnen und Besucher, die zur zentralen Reformationsfeier in Köln gekommen waren

Er berief sich auf den Kommentar zum Römerbrief von Karl Barth, der 1919 erschienen war. „Aufrüttelnd in einer ganz und gar theologischen Sprache. Man kommt daran nicht vorbei“, ergänzte Seiger. Karl Barth stand im Mittelpunkt der Reformationsfeier unter dem Motto „Wer ja sagt, muss auch nein sagen!“.

So lautete denn auch die Überschrift der Predigt von Dr. Michael Weinrich, bis 2015 Professor für Systematische Theologie an der Universität Bochum. Weinrich nahm die Gäste in der Trinitatiskirche mit in die Zeit vor 100 Jahren. „Er war Pfarrer. Seit 1911 war er Pfarrer in der Bauern- und Arbeitergemeinde Safenwil im Kanton Aargau in der Schweiz. Im Januar 1916 überraschte der nun beinahe 30-jährige Karl Barth in einem Gemeindevortrag im benachbarten Städtchen Aarau sein Publikum mit einer provozierenden Frage: ‚Was soll all das Predigen, Taufen, Konfirmieren, Läuten und Orgeln? All die religiösen Stimmungen und Erbauungen, all die sittlich-religiösen Ratschläge den Eheleuten zum Geleite, die Gemeindehäuser mit und ohne Projektionsapparat, die Anstrengungen zur Belebung des Kirchengesanges, unsere unsäglich zahmen und nichtssagenden kirchlichen Monatsblättlein und was sonst noch zu dem Apparat moderner Kirchlichkeit gehören mag! Wird denn dadurch etwas anders in unserem Verhältnis zur Gerechtigkeit Gottes? Erwarten wir auch nur, dass dadurch etwas anders werde?“

Die Frustration Barths wegen der „gemächlichen Kirchlichkeit“ sei deutlich spürbar, so Weinrich. Aber Barth gehe noch einen Schritt weiter: „Er attackiert nicht nur die harmlose Mittelmäßigkeit und Schwerfälligkeit des durchschnittlichen Gemeindelebens.

Prof. Dr. Michael Weinrich machte Karl Barth zum zentralen Thema seiner Predigt

Vielmehr wird er beunruhigt von der gewohnheitsmäßigen Routinisierung unseres Umgangs mit Gott. Er stolpert über die Inszenierungen, in denen wir meinen, Gott einen angemessenen Auftritt verschaffen zu können.“ Gott scheine zu einer willfährigen Chiffre einer ihrerseits bereits erschlafften Selbstermutigung der Kirche verkümmert zu sein. „Was waren das noch für Zeiten, in denen die Menschen noch von der Frage bewegt wurden: ‚Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?‘“ Heutzutage werde Gott nur noch als verbindender Trost in Reserve gehalten, wenn eine hassgetriebene Terrorattacke oder ein verheerender Tsunami die Menschen fassungslos mache.

Der Erste Weltkrieg habe für Barth das „Fass der religiösen Selbstbedienung zum Überlaufen gebracht“. Die Kirche habe sich nicht gescheut, „Gott der Aggression des nationalistischen Staates anzudienen“. Es sei nicht mehr deutlich geworden, um was es gehe, „wenn wir es wagen von Gott zu sprechen“. Die Kirche sei zu einem moralischen Stimmungsmacher verkommen. „Der Bibel wurden nur noch Auskünfte zugestanden, die in die endlichen Bedingungen der uns bekannten Welt hineinpassen.“ Man habe mit dieser Beschränkung der Bibel gleichsam das Oberlicht verhängt, durch welches das Licht Gottes in die Wirklichkeit der Menschen hineinscheinen könne.

Weinrich erinnerte an Barth Wort vom „Ton vom Ostermorgen“. „Die Bibel ist nicht das Echo unserer Fragen und Erwartungen, sondern das Echo dieses Tons vom Ostermorgen. Er ist der entscheidende und tragende Grundton, der durch ihr ganzes Zeugnis hindurchklingt.“

Tenor Lothar Blum brillierte in der Kantate zum Reformationsfest „Preise Jerusalem, den Herrn“ von Gottfried August Homilius

Es gehe Barth beim Ton vom Ostermorgen aber nicht um eine rosa Brille. Der Zuspruch umfasse den Widerspruch gegen die Götzen des Todes, die unablässig zum Tanz aufspielten. „Ob nun ohne Gott oder mit Gott, wir haben es mit demselben Schauplatz zu tun, aber es sind zwei ganz verschiedene Welten, in denen zwei entgegengesetzte Mächte das letzte Wort beanspruchen. Ja, wir bleiben auf derselben Bühne, aber ohne Gott oder mit Gott werden da zwei vollkommen verschiedene Dramen aufgeführt.“ Es gehe offenkundig um das Ganze. „Ohne den „Ton vom Ostermorgen“ bleiben wir in unserer alten Welt des Todes. Mit ihm aber sind wir aus der Geiselnahme durch den Tod befreit. Wir müssen uns vom Tod nicht weiter herumschubsen lassen. Das ist wirklich unglaublich, und eben deshalb ist es nur zu glauben.“

Barth selbst war in der Trinitatiskirche in Audio-Einspielungen zu hören. Die Schauspieler und Sprecher Eckhardt Kruse-Seiler und Tim Vanwersch trugen in der Reformationsfeier verfremdet das Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ vor, das in Verbindung mit Zitaten von Karl Barth gesetzt wurde. Musikalisch gestaltet wurde die Feier von der Kantorei Rodenkirchen und dem Orchester Rodenkirchener Barock unter der Leitung von Barbara Mulack, Kreiskantorin im Evangelischen Kirchenkreis Köln-Süd.

Bürgermeister Dr. Ralf Heinen überbrachte Grüße der Stadt Köln

Es erklang unter anderem die Kantate zum Reformationsfest „Preise Jerusalem, den Herrn“ von Gottfried August Homilius. Als Solisten beindruckten die Sopranistin Gela Birckenstaedt und der Tenor Lothar Blum.

Als Vertreter der Stadt war Bürgermeister Dr. Ralf Heinen zur Reformationsfeier gekommen. Er erteilte in seinem Grußwort jedweder Form von Nationalismus eine Absage und erinnerte an die 23 Städtepartnerschaften, die Köln nach dem Zweiten Weltkrieg eingegangen sei. „Nationalismus ist nicht christlich“, erinnerte er die Evangelischen an ihre Mitverantwortung für Frieden und Freiheit, die auch im lokalen Kontext hohe Güter seien. Im Anschluss an den Segen lud Stadtsuperintendent Dr. Bernhard Seiger, der gemeinsam mit Superintendentin Susanne Beuth den Gottesdienst leitete, alle Besucherinnen und Besucher zu einem Imbiss und Gesprächen ein.

Die Predigt von Herrn Prof. Dr. Michael Weinrich können Sie hier nachlesen.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann / APK

Der Beitrag „Wir müssen uns vom Tod nicht weiter herumschubsen lassen“ – Zentrale Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region in der Trinitatiskirche erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.