Die Kunst, ganz einfach da zu sein: Seelsorge-Ausbildungskurs für Ehrenamtliche
Bei dem Stichwort „Seelsorge“ denken wohl die meisten an Profis, also Pfarrerinnen und Pfarrer – doch auch ehrenamtlich Mitarbeitende können mit Grenzsituationen konfrontiert werden. Dann ist es gut, das nötige Handwerkszeug zu haben, um anderen beistehen zu können und dabei selbst an Leib und Seele gesund zu bleiben. Deshalb bot der Evangelische Kirchenverband Köln und Region für diese Zielgruppe in Kooperation mit der Melanchthon-Akademie einen Ausbildungskurs Seelsorge an. Dieser wurde von Pfarrerin Dagmar Schwirschke und Pfarrer Karsten Leverenz geleitet.
„Seit ich zurückdenken kann, werde ich immer wieder von Menschen angesprochen, werden mir Dinge anvertraut und mir Vertrauen entgegengebracht. Ich sehe das nicht als Bürde, sondern überlege immer, wie ich helfen kann. Viele Schicksale gehen mir aber auch deutlich unter die Haut. Um Gespräche besser leiten zu können und eigene Grenzen zu setzen, dabei sollte mir die Ausbildung helfen“, beschreibt Susanne Paust ihre Motivation, an dieser anspruchsvollen und zeitintensiven Weiterbildung teilzunehmen.
Grundlagen der Seelsorgearbeit
Zu den Unterrichtsgegenständen zählten neben der kommunikativen Kompetenz auch das Reflektieren der eigenen Werte, rechtliche und psychologische Grundlagen der Seelsorgearbeit sowie der Umgang mit Tod und Trauer, Leiderfahrung, Schuld und Vergebung.
Kursteilnehmerin Susanne Paust erklärt: „Ich musste mich auch mit mir und meiner eigenen Geschichte auseinandersetzen. Das führte zur Erkenntnis, dass ich mit meinem Lebensbrüchen genau dieser Mensch geworden bin, um Empathie zu empfinden.“ Sie wird ihre neu gewonnenen Kompetenzen in den Sozial-Betrieben Köln (SBK) Riehl einsetzen, wo sie mit demenzerkrankten älteren Menschen arbeiten wird.
Mit einem Gottesdienst in der Kartäuserkirche ging die intensive Zeit des gemeinsamen Lernens zu Ende. In seiner Predigt warf Karsten Leverenz einen Blick auf die bekannte Geschichte von Maria und Marta (Lukas 10, 38 – 42). Er lud dazu ein, diesen Text „ohne Wertung“ zu hören und stellte die Zuordnung aktiv (Marta) und passiv (Maria) in Frage. Aktives Zuhören beschrieb er als „leibliche Aufgabe“. Ein Wort brauche Hörer und Hörerinnen, um wirksam zu sein. Darum sei es wichtig, immer wieder „in Resonanz zu gehen“ und einfach da zu sein im Hier und Jetzt.
Gutes Verhältnis zwischen Empathie und Distanz
Sehr ähnlich sieht auch Frank Bertholt seine Aufgabe als ehrenamtlicher Gefängnisseelsorger: „Als Seelsorger möchte ich ‚Resonanzkörper‘ sein und die Bedürfnisse der Gefangenen erfahren. Im Gefängnis ist eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre leicht erreichbar, da die Begegnungen im 1:1-Format und ohne Aufpasser stattfinden. Empathie und angemessene Distanz – beim ,Sie‘ bleiben, Instrumentalisierungen nicht nachgeben – sollten in einem guten Verhältnis stehen. Die Äußerungen der Gefangenen werden nicht bewertet. Zuhören und Sensibilität entwickeln für die Botschaften der Gefangenen betrachte ich als meine Aufgaben.“ Manchmal braucht es allerdings gar keine Worte, um anderen Menschen beizustehen, so die Erfahrung von Alexandra Hortmann: „Ich bin viel im Seniorenbereich tätig, Berührungen habe ich da auch als sehr wichtig empfunden. Ein persönlicher Händedruck öffnet manchmal eine Tür und entlastet die Seele.“
Nach der Übergabe der Urkunden durch Superintendent Torsten Krall wartete noch ein Empfang auf die Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen, die sich nun gut gerüstet an die Arbeit in ihren verschiedenen Aufgabenbereichen machen können. Der nächste Ausbildungskurs Seelsorge beginnt im Februar 2023. Informationen gibt es unter www.ehrenamt.kirche-koeln.de
Text: Priska Mielke
Foto(s): Priska Mielke
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