Nach Protestbewegung: Wie geht es mit den geplanten Kürzungen im Sozialbereich Kölns weiter?

Der Haushaltsentwurf der Verwaltung der Stadt Köln für die Jahre 2025/2026 hatte dramatische Kürzungen und Streichungen im Sozial-, Gesundheits-, Kinder- und Jugendbereich vorgesehen. Die Liga der Wohlfahrtspflege kämpfte seit der Haushaltseinbringung im November 2024 gemeinsam mit allen freien Trägern darum, diese Einsparungen zu verhindern, um die für die Menschen wichtige Infrastruktur doch noch zu erhalten. Ein Gespräch mit Martina Schönhals, Geschäftsführerin Diakonisches Werk Köln und Region gGmbH:

Wie ist der Stand der Dinge? Welche Kürzungen greifen nun?

Martina Schönhals: Es konnten fast alle Kürzungspläne, die Mitte Dezember durch die Verwaltung der Stadt Köln veröffentlicht wurden, wieder zurückgenommen werden. Das betrifft nicht nur unsere Arbeitsfelder im Diakonischen Werk, sondern auch allen anderen Bereichen wie die Jugendarbeit, die Frauenarbeit, die Kultur und den Sport. Insgesamt hat die Politik je 21 Millionen Euro zugesetzt für 2025 und 2026 und trotzdem noch einen genehmigungsfähigen Haushalt vorgelegt. Dafür sind wir als Wohlfahrtsverbände sehr dankbar und viele soziale Träge sind sehr erleichtert. Besonders freue ich mich über die Weiterfinanzierung des Ferienhilfswerks, davon wäre unter anderem HöVi-Land betroffen gewesen, und über die Rettung des Zentrums für selbstbestimmtes Leben (ZsL), Kölns einzige Beratungsstelle von und für Menschen mit Behinderung. Auch dass wir die Ehrenamtskoordination in der Geflüchtetenarbeit in allen Stadtbezirken vorerst fortsetzen können, halte ich in der angespannten politischen Situation für ein wichtiges Zeichen. Einziger Wermutstropfen für uns im Diakonischen Werk ist die Streichung der kommunalen Mittel für unsere Clearingstelle Claro. Hier haben wir zusammen mit dem SKM und dem SkF seit mehr als 20 Jahren Menschen ohne Arbeit mit besonderen sozialen Problemen beraten. Da müssen wir jetzt nach neuen Wegen suchen, damit diese Menschen nicht komplett durch alle Raster fallen. Und für die drei Mitarbeitenden bedeutet das einen sehr kurzfristigen Wechsel in andere Aufgabengebiete.

Was bedeutet dies für die evangelische und diakonische Landschaft?

Martina Schönhals: Die von den Kürzungsplänen zunächst betroffenen Einrichtungen können jetzt erstmal aufatmen. Aber mit der Rücknahme der Kürzungen sind nicht alle Probleme behoben. Wir erhalten nur vorerst einen Status quo von 2022. Die Kostensteigerungen der letzten beiden Jahre sind damit noch nicht im Haushaltsansatz berücksichtigt. Und es gibt einige Bereiche, die schon seit Jahren unterfinanziert sind wie zum Beispiel die Kitas und die Familienberatungsstellen. Da müssen wir als Diakonie gemeinsam mit den anderen Wohlfahrtsverbänden auf allen Ebenen unsere Forderungen nach einer auskömmlichen Finanzierung aufrecht erhalten und auch die Tarifkostensteigerungen mit einberechnen. Wir erfüllen ja staatliche Aufgaben und das sogar preisgünstiger, als die staatlichen Stellen das könnten. Da müssen wir immer wieder deutlich machen, dass diese Ausgaben durch die öffentliche Hand gedeckt werden müssen.

 Ist dies ein positives oder ein negatives Signal?

Martina Schönhals: Die Kölner Politik hat erkannt, dass die Stadtverwaltung in ihrem Bemühen um einen ausgeglichenen städtischen Haushalt – was an sich ja anerkennenswert ist – an sehr sensiblen Stellen sparen wollte. Positiv ist auch die Erkenntnis, dass es sich lohnt, sich politisch zu engagieren und mit den Verantwortlichen in der Politik zu sprechen. In unserer Rolle als Spitzenverband der Diakonie haben wir gemeinsam mit der Liga der Wohlfahrtsverbände zahlreiche Fraktionsgespräche geführt, Diskussionsveranstaltungen, Mahnwachen und die große Demonstration Mitte Dezember organisiert, das alles hat sich jetzt auf die soziale Landschaft sehr positiv ausgewirkt.

Gibt es weitere Pläne für die Zukunft?

Martina Schönhals: Politik, Verwaltung und Wohlfahrtsverbände sind sich darin einig, dass wir die kommenden Monate nutzen müssen, um klug auszuwerten, wo es wirtschaftliche Potentiale geben könnte, damit wir in zwei Jahren nicht wieder vor derselben Situation stehen. Angesichts der politischen Entwicklungen ist zu befürchten, dass die Mittel im sozialen Bereich eher knapper werden. Und wenn gespart werden muss, dann möglichst intelligent durch Konsolidierung und Umverteilung an den richtigen Stellen, so dass die Konsequenzen für die Kölner Bürger und Bürgerinnen möglichst wenig spürbar werden und nicht gleich die gesamte soziale Struktur einer Stadt gefährdet wird.

Können Sie sich vorstellen, wie es ausgesehen hätte, wenn es nicht den großen Protest gegeben hätte? Warum ist es so wichtig, sich bei derartigen Demos zu engagieren?

Martina Schönhals: Die Demo Mitte Dezember in Köln mit rund 12.000 Menschen hat vor der letzten Ratssitzung im Jahr 2024 ein sehr deutliches Zeichen gesetzt, dass es hier um mehr geht als um Geld. Es geht um den sozialen Frieden in unserer Stadt. Besonders hat mich gefreut, dass sich auch Verantwortliche aus den Kirchengemeinden an der Demo beteiligt haben. Wenn die Zeiten härter werden – gesellschaftspolitisch und finanziell – dann dürfen wir nicht an denen sparen, die unsere solidarische Unterstützung brauchen. Wenn Menschen durch alle Raster fallen, gefährdet das auch die gesellschaftliche Mitte. Darum ist es so wichtig, dass wir als Kirche und Diakonie auch auf der Straße mit einer möglichst breiten Masse solche Zeichen setzen, die auch dazu beitragen, unsere Demokratie zu stabilisieren.

Text: APK
Foto(s): Diakonisches Werk Köln und Region gGmbH

Der Beitrag Nach Protestbewegung: Wie geht es mit den geplanten Kürzungen im Sozialbereich Kölns weiter? erschien zuerst auf Evangelischer Kirchenverband Köln und Region.