Ökumenische Andacht im Kölner Dom vor der Saison-Premiere des 1. FC Köln: Beten für alle Fans aller Vereine

Ihre achte Auflage erfuhr die ökumenische Andacht im Kölner Dom vor dem ersten Heimspiel des Fußball-Bundesligisten 1. FC Köln. Es ist nicht nur für Anhänger des Clubs ein sehr besonderer Termin. Selbst unter den Corona-Einschränkungen, die am Sonntag nur 200 mit Mund-Nase-Bedeckung ausgestattete und mehrheitlich in den Vereinsfarben Rot-Weiß gewandete Fans in der Kathedrale zuließen, war diese positiv-eigentümliche Stimmung spürbar. „Die neue Bundesliga-Saison hat begonnen und gleich ist das Spiel des FC gegen Hertha BSC“, begrüßte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger.

Beten für alle Menschen

Natürlich beteten wir nicht für die Fans und Spieler des 1. FC Köln allein, dass es eine friedvolle Saison werde, betonte Stadtdechant Robert Kleine. Es gehe um alle Fans, um alle Spieler, um alle Ligen. „Wir beten für alle Menschen, die mit Freude als Fans ihren Verein unterstützen, für die Fans des 1. FC Köln hier in Köln und überall für die Fans aller Vereine und Mannschaften in unserem Land, in Europa und der ganzen Welt.“ In Solidarität, im Zueinanderstehen, mit Vernunft und mit Achtsamkeit könnten wir auch die Pandemie in den Griff bekommen, so Kleine. Dies zeige auch gerade der 1. FC Köln im Umgang mit der Herausforderung bei Heimspielen, spielte er auf dessen Impfkampagne und Stadionzutrittsregelung für Geimpfte und Genesene an. Kleine äußerte die Hoffnung, dass immer mehr verstünden, dass die Corona-Maßnahmen „ein ‚Für‘ die Menschen“ sei und wir uns alle und natürlich auch als Kirchen an getroffene Entscheidungen hielten.

Zeit für Gefühle und Leidenschaft

Nun seien wieder Raum und Zeit für Gefühle und Leidenschaft, eröffnete Seiger seine Ansprache. Ob des Saisonstarts vermutete er bei den Fans einerseits Vorfreude, andererseits Erleichterung darüber, dass mit nun viel mehr Zuschauerinnen und Zuschauern sich wieder echtes Stadionfeeling einstelle. Zugleich bestehe Unsicherheit. Etwa darüber, wie sich die Mannschaft zusammenfinde, bezog Seiger das Losungswort des im Gefängnis sitzenden Apostel Paulus an seinen Freund Timotheus (2 Tim 1, 6-8) mit ein. Auch dieses spreche von einer Stimmung in unsicherer Lage. Paulus habe kapiert, dass es darum gehe, mit Zuversicht, Glauben und fester Haltung in jedes Spiel des Lebens zu gehen. Seine Frage am Briefanfang nach den Gefühlen und der Haltung, mit denen wir unterwegs seien bei den uns gestellten Aufgaben decke sich mit unseren Fragen zum Saison-Beginn.

„Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht (oder Verzagtheit), sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“, bezeichnete Seiger als den entscheidenden Vers. „Das kann man sich merken wie ein gutes Motto. Es sind ja Worte angesprochen, die wir kennen.“ Auch Sportler und Fans würden Furcht kennen. „Die Angst, hohe Erwartungen nicht erfüllen zu können, kennt jeder und jede von uns.“ Aber Angst sei bekanntlich kein guter Ratgeber. Das wisse auch der Willkür seiner Wärter ausgelieferte Paulus. „Er sucht Kraft und Durchhaltevermögen und Zuversicht im Glauben.“

Kraft, Liebe und Besonnenheit

Seiger führte anschaulich zu den drei Schlüsselworten Kraft, Liebe und Besonnenheit aus. Auf die Kraft und Stärke zu setzen heiße für den Sport: „Arbeit, Disziplin, so fit zu sein, wie es irgend geht.“ Heiße, die eigene Taktik, das eigene Können und das eigene Selbstbewusstsein auf den Platz zu bringen. „Eine Stärke ist der Wille, gewinnen zu wollen, nie aufzugeben, das Vertrauen in einen neuen Start.“

„Die Spieler, die Trainer und alle Verantwortlichen im Verein bestimmen die Liebe zum Verein“, widmete sich Seiger dem Geist der Liebe. Wo Liebe sei, sei Leidenschaft. Leidenschaft schieße Tore und schaffe eine Mannschaft mit gemeinsamem Ziel. „Und die Fans sind mit ihrer Liebe daher so wichtig. Eure Unterstützung, eure Treue, euer Anfeuern, wenn´s auf der Kippe steht“, erinnerte Seiger an in der FC-Hymne gesungenen Begriffe wie Treue und Ehre: „Das ist doch Liebe.“ Und Liebe trage alles.

Besonnenheit, das dritte Wort, stellte Seiger als das „vielleicht spannendste“ vor. Besonnenheit führe dazu, klug zu spielen, sich zu beherrschen, an die taktischen Vorgaben zu halten und im Spiel intuitiv zu spüren, was jetzt zu tun sei. Besonnenheit, schlug der Theologe einen naheliegenden Bogen, sei auch die vorrangige Aufgabe in der Pandemie: „Damit die Fans die ganze Saison über ins Stadion kommen können und das Stadion voll werden kann, muss es für alle so sicher wie möglich sein. Die neue 2G-Regel ist also ein Ausdruck von Verantwortungsgefühl und Besonnenheit. Das verdient Unterstützung!“

Besonnenheit heiße auch, in aller Freude über den schönen Spaß des Fußballs die von der jüngsten Flutkatastrophe betroffenen Menschen nicht zu vergessen. Tausende hätten in Erftstadt und an der Ahr und im Schleidener Tal in der Eifel binnen Stunden alles verloren, was ihnen bis dahin sicher erschienen sei. Daher heiße Besonnenheit auch zu fragen, wo mit selber anpacken, Initiativen und Spenden die einzelnen Geschädigten gestützt werden könnten. So, wie es viele Fans und der FC mit seiner Stiftung ja auch täten. „Alle drei passen ganz gut zusammen: Kraft, Liebe und Besonnenheit. Zuversicht, Leidenschaft und Verantwortungsgefühl“, schloss Seiger und wünschte auch in Kleines Namen dem FC eine gute Bundesliga-Saison mit den Worten des Paulus: „Kraft, Liebe und Besonnenheit!“ Zumindest gab es mit dem 3:1 gegen Hertha einen eindrucksvollen Auftaktsieg.

Eintreten für Toleranz

In seiner Ansprache ging Kleine auf die vielen Dinge ein, die wir und gerade auch die Fußballvereine in unserem Land und in unserer Stadt tun könnten. So nannte er die Impfkampagne sowie die Stiftung des FC, in der er im Kuratorium mitarbeiten dürfe. Diese Stiftung habe in den letzten Monaten auch immer wieder „Tafeln“ unterstützt und neu eröffnet, damit niemand Hunger leiden müsse. Kleine sprach von „vielen sozialen Dingen, die die Vereine in unserem Land tun“. Auch etwas unbemerkt, jenseits der großen Spiele. Dies sei etwas Kontinuierliches an Nächstenliebe, an Einsatz für den anderen. „Und noch etwas ist wichtig, und dafür steht der FC und dafür stehen auch viele andere Vereine. Der FC hat es selber als einen Schwerpunkt gewählt. Nämlich die Frage der Diversität, der Identität, das alle zu unserer Gemeinschaft gehören.“ In unserer Zeit, so Kleine, sei es ganz wichtig, gemeinschaftlich gegen jede Ausgrenzung, jeden Hass, gegen Rassismus und Gewalt einzutreten.

Es gehe ebenso um Frieden zwischen den Religionen und Nationen. Die Religionen müssten füreinander einstehen, den jeweils anderen schützen. Es gelte für die Religionsfreiheit in unserem Land einzutreten, für die Würde eines jeden Menschen, ob mit oder ohne Handicap, egal welcher Identität und sexuellen Orientierung. „Dafür steht auch der FC, dafür steht auch der Fußball“, so der Stadtdechant. Es sei daher wichtig, auch in diesem Gottesdienst ein Zeichen der Akzeptanz, der Gleichberechtigung zu setzen über alle Sportarten und über alle Fangruppen hinweg. „Ich wünsche mir, dass das ausstrahlt von diesem Gottesdienst“, sagte Kleine. „Ich denke, dass wir den Fußball, die schönste Nebensache der Welt, als ein Spiel ansehen, dass Menschen verbindet, egal woher sie kommen, was sie glauben, was sie haben oder sind, wie sie leben oder wen sie lieben.“

Als Christinnen und Christen – wie eine große Fußballmannschaft

„Wir sind als Christinnen und Christen in der ganzen Welt wie eine große Fußballmannschaft, die mit dem guten Geist der Liebe das große Spiel des Lebens friedlich, fair und gerecht gestalten soll, damit alle Freude daran haben“, zog Seiger einen treffenden Vergleich.

Fürbitten

Für Toleranz, eine unfallfreie Saison und Gewaltlosigkeit baten Fans und FC-Vertreter in ihren Fürbitten. Sie erbaten den „Geist der Klugheit“ für Schiedsrichter und Vereinsverantwortliche, für Verantwortliche in der Medienberichterstattung Bewusstsein und Sensibilität für ihre hohe Verantwortung. „Lass alle erkennen, dass den Fans der gegnerischen Mannschaft nicht mit Hass und Gewalt begegnet werden darf, denn die andere Mannschaft ist unser Konkurrent, aber kein Feind“, sagte FC-Präsident Werner Wolf.

Gebetet wurde für alle verstorben Fans der Vereine. Und Wehrle formulierte seine Fürbitte für alle unter der Pandemie leidenden Menschen, „besonders für die Schwerkranken. Und für alle, die für sie sorgen für alle die unter den wirtschaftlichen und den sozialen Folgen und Einschränkungen zu leiden haben.“ Er bezog die politisch Verantwortlichen, die immer wieder vor schwierigen Entscheidungen stünden, mit ein. Ebenso alle in Wissenschaft und Forschung, die an wirksamen Medikamenten und Impfstoffen forschten.

So wurden in vierzig Minuten nicht nur geistliche Impulse gesetzt, an den Sportsgeist und den Willen zur Unterstützung Notleidender appelliert, sondern auch gesellschaftspolitische Statements gesetzt. Zum Abschluss wechselten Kleine und Seiger vom Altarraum in den Besucherbereich, hielten ihren FC-Schal hoch und sangen mit den nach Aufforderung teils aus den Bänken getretenen Fans die von Organist Wolf-Rüdiger Spieler famos gespielte FC-Hymne mit. Dabei meisterten Stadtdechant und Stadtsuperintendent bravourös auch die Herausforderung des Schalschwenkens über dem Kopf.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich

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